Freitag, Juli 28, 2006

20.-27.07.06 Pavilosta/Lettland - Borgholm/Öland/Schweden


Verabschieden uns von Pavilosta um 14.30 Uhr zum 2. Mal. Erstmal wieder motoren, aber dann brist es auf. Mein entzuendeter Zahn bzw. Kiefer schmerzt und pocht und ich versuche es mit Pille und Schlaf zu ueberstehen. Um 1 Uhr nachts ist Wachwechsel. Der Wind wird mehr, die Wellen höher und querer und ich seekrank. Auch das noch. Dann brauchen wir noch 2 Stunden, um die Einfahrt in den Farösund zu finden. Mit den Wellen auf und nieder! Ne, ne. Niemand ist froher als ich, als wir schliesslich im Fischereihafen fest sind. Der Hafenmeister ist leider wenig hilfreich bei der Suche nach einem Dentisten, nur 100 Kronen Hafengeld kann er uns verständlich machen. Da er keine Euros nimmt und wir keine Kronen haben, muss er wiederkommen. Die Schweden von der "Point Loma" aus Djursholm neben uns wissen, es gibt eine Touristen-Information im Ort, nur finden wir die leider nicht und landen in einer Fahrrad-Reparaturwerkstatt. Der Mechaniker strahlt: "Dentist? Na, das kann ich doch machen" und zeigt auf seine gut ausgeruestete Werkstatt. Ne, dafuer mache ich meinen Mund nicht auf! Hilfsbereit ruft er eine Nummer in Visby an und ich bekomme mit Betteln sogar heute noch einen Termin in einer halben Stunde. Bis Visby sind es 6 schwedische Meilen sagt der Fahrradhändler, also sage ich zu und frage, ob er uns denn ein Taxi rufen kann. Kirsten tauscht schon mal Geld in der Bank. Taxi hat Sommerpause, aber in der Marina können wir ein Auto mieten. Na gut, wäre wahrscheinlich alles mit dem Bordfahrrad schneller gegangen. Marina hat keine Autos, ruft aber ein Taxi von irgendwo an, das sofort kommen will. Nach einer Stunde noch kein Taxi. Mein Termin zudem längst verstrichen. Der Marina-Mensch macht ein langes Gesicht, dass wir nicht mehr auf das Taxi warten wollen, das extra von der anderen Sundseite mit der Fähre kommt und in zwei Minuten da ist. Doch auch auf der nächsten ankommenden Fähre ist es nicht und nach weiteren 10 Minuten verabschieden wir uns endgueltig und versuchen, eine Telefonkarte zu kaufen, um einen neuen Zahnarzt-Termin zu machen. Vielleicht hat die Tankstelle 300 m weiter Karten, sagt der Kioskbetreiber. Kaputt wie wir sind, wandern wir bergauf zur StatOil. Keine Karten, aber ich darf das Telefon des Tankwarts benutzen. In der Praxis läuft inzwischen ein Band - auf Schwedisch! Total frustriert schleppen wir uns zum Schiff zurueck und klagen unser Leid dem netten Schweden von der "Point Loma". Kein Problem fuer ihn, er ruft mit seinem Handy bei der Praxis in Visby an, cancelt den heutigen Termin und macht fuer morgen einen um 10.30 Uhr - bei einem deutschen Zahnarzt sogar, der hier arbeitet. Aber mit dem Fahrrad können wir nicht hinfahren, ist zu weit, sagt er, da geht sicher ein Bus und der fährt schon 1 1/2 Std. "Wie, fuer 6 Meilen?" Er amuesiert sich: "6 schwedische Meilen sind 60 Kilometer!" Na, nun wissen wir, warum das Taxi sogar von der anderen Sundseite kommen wollte. Da hätte wohl das getauschte Geld nicht mal gereicht. Total erschöpft fallen wir erstmal in unsere Koje und am nächsten Morgen sieht die Welt dann auch schon wieder anders aus.Der Bus fährt schon um 6.50 Uhr, aber wir sind auf der "Atair" bei Gerri und Wolfgang in Visby zum Fruehstueck eingeladen. Von dort machen wir uns auf den Weg zur angegebenen Adresse. Noch mal mit Hindernissen, viel Fragen und dadurch eine Viertelstunde zu spät, doch Reinhard Seifert nimmt sich meiner Schmerzen trotzdem an und endlich nach der Behandlung und 3 Schmerztabletten lebe ich wieder auf. Wir machen einen Rundgang durch Visby, gucken nochmal bei der "Atair" vorbei und nehmen den letzten Bus zurueck nach Farösund. Extra spät, um nicht noch durch die "Schwarze Gang" "ueberholt" zu werden, die vor etlichen Jahren mal Frank's und meine "Svenskan" - wenn auch gluecklicherweise erfolglos - durchsuchten nach Zigaretten und Alkohol. Zigaretten sind ja nicht auf der "Pirol", aber Alkohol ...! Wir entkommen sowohl der "Schwarzen Gang" als auch dem Hafenmeister. Die Schweden nebenan haben auch nichts bezahlt und meinen, das sei das Problem des Hafenmeisters. Sein Buero im Hafen war immer verschlossen. Eigentlich muesste man hier auch noch Geld dazubekommen. Kein Strom, kein Wasser und Tausende von Muecken haben an Deck schwarzgruene Flecken hinterlassen, fuer deren Entfernung wir 1 Stunde schweisstreibendes Schrubben unterwegs einlegen. Selbst fuer unseren Blister haben wir zuwenig Wind leider, also mal wieder den Perkins einsetzen. Ein Schwede fährt mit seiner Dehler in unserem Kielwasser und setzt so nah zum Ueberholen an, dass wir spasseshalber unsere Fender raushängen. Jede Abwechselung ist willkommen, der kommt wirklich fast längsseits und wir halten einen kleinen Plausch auf See. In Visby revanchieren wir uns bei Gerri und Wolfgang fuer die Fruehstueckseinladung mit Kartoffelsalat und Wuerstchen und haben einen netten Abend mit ihnen. Wir bewundern die beiden sehr, wie toll sie Gerri's schwere Krankheit zusammen meistern, die ja wegen ihres Lungenemphysems 24 Stunden am Tag Sauerstoff braucht, und dabei doch so optimistisch und fröhlich sind. Vor uns legt noch eine 7-Frauen-Crew an mit der "Bruden" aus Hamburg. Frauen-Charter mit Skipperin. Sie wollen auch weiter nach Öland. "Atair"'s wollen uns gern mit auf eine kleine Schäreninsel "Haskö" mitlotsen, aber wir wollen vorankommen. "Mein" Zahnarzt kommt uns an Bord besuchen und es gefällt ihm so gut, dass er darueber nachdenkt, von seinem Apartment auf ein Boot als Wohnsitz zu wechseln. Wäre ja wohl hier kein Problem. Er ist nach 4 Jahren in Norwegen auf Gotland "umgestiegen", weil es ihm im Norden einfach zu kalt und ungemuetlich war. Wir machen noch einen Rundgang durch Visby bei 30 Grad im Schatten. Wirklich eine sehenswerte Hansestadt mit ihrer alten Stadtmauer, den interessanten Kirchen und huebschen Häusern mit den Stockrosen. Am 25. muessen wir frueh raus, weil unser Liegeplatz von einer grossen Fähre gebraucht wird. Wollten sowieso weiter und können endlich mal wieder segeln. 8 von insgesamt 11 Stunden, wow! Byxelkrok auf Öland ist knueppeldicke voll, aber wir duerfen an der Dieselstation festmachen. Sehr praktisch, wir wollten ohnehin tanken. Trotz der einladenden Restaurants bleiben wir bei unserer Bordverpflegung. Fuer 2 Fanta bezahlten wir gerade ca. umgerechnet 8 ?. Das geht uns quer runter! Kriegen 2 weitere Boote längsseits und unsere Fender an der Pier werden duenner! Trotz Kiesstrand ist dieser Hafen offenbar unglaublich beliebt bei den Schweden. Wir legen am nächsten Tag ab nach Borgholm, auf dem der schwedische König sein Sommerschloss "Solitueden" hat. 1/2 Stunde kämpfen wir mit dem "Blister", dann steht er fuer 5 1/2 Stunden und wir gleiten mit bis zu 6,5 kn Borgholm entgegen. Nur Fliegen ist schöner. Das Schloss besuchen wir nicht, Kirsten muss nicht hin und ich war schon da, aber wir bummeln ausgiebig durch die Innenstadt mit ihren vielen Geschäften und Cafés. Lange nicht so viele Grossfamilien gesehen, stellen wir fest, als wir bei Waffel und Kaffee die vorbeiströmenden Touristen studieren. Die Schweden scheinen nicht vom Aussterben bedroht zu sein. Irgendwie haben wir eine Glueckssträhne, auch hier taucht kein Hafenmeister zum Kassieren auf. Wahrscheinlich weil wir abgelegen auf der anderen Seite des Hafens liegen. Gibt auch keinen Strom und kein Wasser. Wir legen ab nach Kalmar, nur ca. 20 sm entfernt. Da ist es nicht ganz so tragisch, dass mal wieder kein Windhauch das Wasser kräuselt.

Donnerstag, Juli 20, 2006

11.-20.07.2006 Riga bis Pavilosta


Unseren letzten Tag in Riga verbringen wir mit Vanda, Hafenmeister Arnis' ex-Frau. Sie hat Deutsch studiert und früher deutschsprechende Reisegruppen betreut. Nach ihrer Trennung hat sie neben ihrem fulltime-job und der Erziehung ihres heute 16jährigen Sohnes noch ihren Magister als Bibliothekarin gemacht und verwaltet heute als Sachbearbeiterin im Kulturministerium die ca. 1000 öffentlichen lettischen Bibliotheken. Alle Achtung! Mit runden Füßen kommen wir zurück zum Hafen, Michael sitzt im Cockpit und baggert gerade eine junge Lettin an, die er sich irgendwo angelacht hat. Er hat ja z.Zt. "sturmfreies Boot", weil er auf seine neue Crew wartet. Wir nehmen noch einen Abschiedsdrink mit Arnis und Viktor, einem der russischen Hafenbetreiber hier, den ich auch seit vielen Jahren kenne. Wir müssen versprechen, im nächsten Jahr wiederzukommen. Na, mal sehen. Die deutsche Hallberg Rassy 34 "Nina" läuft am Morgen mit uns aus nach Roja. Wir tanken nochmal 200 l Diesel am Ende des 5 sm langen Kanals und auf den ersten 10 Meilen verballern wir davon schon wieder ein paar Liter. Knallsonne und fast null Wind. Nach 2 Stunden ändert sich das und wir können bis Roja die Segel setzen. Auch wieder keine ganz ungetrübte Freude, der Winkel ist spitz und im Nullkommanix rollen uns wieder Wellenberge entgegen, die per Hand ausgesteuert werden müssen. Roja's Osta auf Kanal 10 antwortet nicht, so "entern" wir ohne Erlaubnis den Hafen. Der kleine Gästeliegerponton ist besetzt und so gehen wir ins Fischerbassin und lehnen uns an die dicken Autoreifen. Kaum fest steht schon die Grenzpolizistin da und wir wissen, warum keine Antwort kam: Sie spricht kein Englisch außer: Crewlist? Last Port? Next Port?! Wir gehen zu Fuß zum sogenannten "Yachthafen", wo die "Nina" den letzten freien Platz ergatterte und auch die amerikanische "Hippo" aus Mystic/Connecticut mit Tim und Steve liegt, die wir auch schon in Riga trafen. Ein junger Hafenboy versucht, uns davon zu überzeugen, daß wir doch in seinen Yachthafen passen: Da, wo wir liegen, kann es sehr teuer für uns werden. 30 Lat = 43 ? kassiert dort die "Administration". Aha! Wir haben das Gefühl, ihm geht unser Hafenliegegeld durch die Lappen, er darf an unserem Liegeplatz im Fischereihafen nicht kassieren, danken für seine Fürsorge und bleiben wo wir sind. Ventspils, unser nächster Hafen, ist 75 sm entfernt und wir legen um 4 Uhr morgens zusammen mit der "Hippo" ab. Ab morgen sollen uns Tiefausläufer mit Wind in Sturmstärke erreichen und die wollen wir lieber in einer größeren Stadt "abwettern". Noch 28°C und Ententeich, aber der angekündigte Wind 3-4 Bft. kommt. Nur dreht er nicht auf NW sondern auf SW und - da wir auf 75 sm nicht auch noch 20 verkreuzen können "burnen" wir mal wieder etliche Liter Diesel und sind um 6 Uhr an einer der freien Heckbojen fest. Der Mann von der deutschen "Ivalu" staunt: "Zwei so zarte Wesen auf so einem großen Boot?" Ich und zart! Der Mann braucht eine Brille! Trotz 25° im Schatten gibt's bei uns heute Labskaus mit allem Drum und Dran! Keine Chance, zum zarten Wesen zu mutieren. Die Amis kreuzen, auch auf die Winddrehung hoffend, mit ihren "Kontiki"-Segeln plus Motor und kommen fix und foxy 4 Stunden nach uns an. Die Wetteraussichten für die nächsten Tage: Gleichbleibend NW 5-6, in Böen 7, Gewitter. Zeit für Ölwechsel, Haare schneiden, Ansichtskarten schreiben (nur ich, falls jemand auf Post von Kirsten hoffen sollte!)! Nachmittags kommt Wind auf, dicke Wolkenberge und Regen. Holen unsere Heckleine durch, weil wir mit dem Bugspriet an die Holzpier bumsen. Das macht Kirsten nachts noch ein paar mal, bis wir feststellen, die Boje ist nicht für ein 16t-Schiff verankert und kommt hinter uns her. Wir rücken dadurch unserem linken Nachbarlieger, der "Nina" schon bedrohlich nahe. Um 6 Uhr morgens wecken wir unseren lettischen Nachbarn zur Rechten, um eine Querleine zu ihm anzubringen. Um 9 Uhr helfen uns Volker von der "Nina", Tim und Steve von der "Hippo" und ein dänischer Nachbar beim Ablegen. An unserer Heckboje können wir uns nicht mehr zurückziehen, sie ist fast von Hand zu greifen. Das "zarte Wesen" Kirsten hat sie ca. 4 m zur Pier gewinscht! Alle Nationalitäten arbeiten perfekt zusammen und das Ablegemanöver klappt super. Einziger möglicher Liegeplatz für uns ist eine schwedische 25t-Yacht, 56 Fuß lang. Nach 7 Leinen fest an der "Farr" und an Land ist der brummige Besitzer mit uns einverstanden und wir dürfen barfuß über sein Boot an Land schleichen. Leider müssen wir uns am übernächsten Tag wieder umlegen, weil der inzwischen direkt aufgetaute Schwede mit seiner Crew nach Kuressaare abfährt. Wieder autoreifenbewehrte Zementpier, die ihre rostigen Befestigungsdrähte in unsere Fender drückt. Am Strand ist idealer Wind und Brandung für Kite-Surfer. Ein Crack wagt sich weit auf's Meer und jagt dann in unglaublicher Geschwindigkeit zurück zum Strand. Faszinierend. Tim und Steve laden uns auf ihrer von Tim selbstgebauten "Hippo", die er über Irland nach Europa gesegelt hat, zu einer Fahrt auf der "Venta" ein. Von der Strandpromenade winkt man uns vermeintlichen Amis fröhlich zu. Die Baumwoll-Gaffelsegel haben schon bessere Tage gesehen, etliche Risse und Löcher lassen den Wind durchpfeifen. "Natural reef", natürliches Reff, sagt Tim fröhlich und lehnt unser Segel-Flick-Tape mit der Bemerkung ab, daß er sowieso neue Segel in Polen haben müsse und die vielen Löcher unseren Bestand aufbrauchen würden. Zum Staunen bringt uns dann unter Deck noch sein fest auf dem Fußboden verschraubter Haushalts-Gasherd. Wir haben eine Menge Spaß zusammen.Am 17. legen wir schon um 6 Uhr morgens ab. 16° und eisekalter Wind. Erstmal wieder motoren, Wind statt NW genau S/SW. Nach 3 Stunden entschließen wir uns zu kreuzen, haben ja diesmal nur 35 sm bis Pavilosta. Wunderbar, endlich kein Motorengeräusch und Vollzeug. Dem einzigen Segler, dem wir kurz vor Pavilosta begegnen, müssen wir ausweichen, um ihn nicht mittschiffs zu rammen. Der Holländer, der Schmetterling fährt und eigentlich uns hätte Platz machen müssen, bedankt sich winkend. Kurz darauf warnt uns irgendjemand, der uns auf dem Radar hat, unseren Kurs weiterzuverfolgen, weil wir auf seichtes Gewässer zusteuern. Dankeschön dem unsichtbaren Schutzengel, aber wir hätten jetzt ohnehin auf die Einfahrt zugehalten. Pavilosta hat uns wieder. 3 Stunden später hat's auch die "Hippo" mit ihren perforierten Segeln geschafft. Die wollen jetzt zur Erholung erstmal die Hafensauna nutzen und laden uns ein. Bei uns hat allerdings inzwischen die "Atair" mit Wolfgang und Gerri angelegt, denen wir einen Einlaufdrink zugesagt haben. Sie haben die 4 Sturmtage in Liepaja abgewartet. Außerdem war es Gerri gesundheitlich nicht gut gegangen. Der nette Grenzbeamte überläßt mir sein Büro, damit ich Haralds und Rita, meine und nun auch Kirsten's Freunde, anrufen kann. Haralds holt uns am nächsten Tag mit seinem 17 Jahre alten Vectra ab und fährt mit uns in die Provinzhauptstadt Kuldiga, an Wiesen mit vielen, vielen Störchen vorbei und zu den Ventas Ramba, den längsten Wasserfällen Europas, nicht hoch, aber weit über 200 m lang. Abends das übliche, Berge von Speisen und Getränken auf der überdachten Gartenterrasse, alles selbst gebaut und angebaut. Auch die holzbefeuerte Sauna, die Haralds extra für uns anschmeißt. Abends um 10 Uhr müssen wir hartbleiben, sonst würde es wieder bis Mitternacht bei unseren netten Freunden gehen. Ich habe außerdem Zahnschmerzen bzw. Kiefernvereiterung und morgen wollen wir nach Gotland,wo ich wohl einen Zahnarzt aufsuchen muß. Trotzdem kommen wir nicht vor Mitternacht ins Bett. Auf der "Atair" müssen wir noch einen "Absacker" trinken, der sich dann aber ganz schön vervielfältigte. Die wollen morgen auch weiter zum Farösund und Visby. Morgens kommt aber wahrhaftig Haralds nochmal mit einer Tüte voller Gartenschätze vorbei. Diese Letten! Kirsten muß nochmal an der Aries basteln, das Deck muß endlich von den Fußabdrücken der letzten Woche befreit werden und eine Stunde nach der "Atair" legen wir nach Gotland ab. Wahnsinns-Dünung, totale Flaute und dann kommt auch noch der Regen. Ich bin nach 1 1/2 Stunden so genervt von der Vorstellung, das jetzt 19/20 Stunden aushalten zu müssen, daß ich mich freue, als Kirsten zustimmt: Zurück nach Pavilosta und auf morgen hoffen. Der Grenzbeamte lacht: "Na, schon wieder da?" "Ja, es ist so schön hier in Pavilosta"! "Atair" schickt morgens um 6 eine SMS: "Ihr hättet durchhalten sollen, der gute Wind kam. Wir hatten eine schnelle Reise!" Na gut, hoffentlich gibt's die für uns morgen auch.Am 20. starten wir um 15 Uhr unseren zweiten Anlauf nach Gotland.

Dienstag, Juli 11, 2006

02.07.-10.07.06 Liepaja bis Riga


Der finnische "Club der Seebären" ist weitergezogen nach Klaipeda, die anderen nach Danzig und Pavilosta und wir haben plötzlich die ganze Pier und den Duschcontainer für uns allein. Ich habe meinen alten Bekannten Igor angerufen, den ich vor ca. 11 Jahren hier mit der damals 4jährigen Enkelin Inga kennenlernte und seitdem in Briefkontakt geblieben bin, und er kommt mit der inzwischen 15jährigen jungen Dame und beide begleiten uns zu einem Rundgang durch das nicht besonders sehenswerte Liepaja ex Libau. Der große Markt mit Bergen von duftenden Erdbeeren und Kirschen und die alte prachtvoll restaurierte lutherische Kirche mit einer der weltgrößten Orgel sind allerdings einen Besuch wert. Dem Gros der lettischen Rentner geht es sehr schlecht, sagt Igor, der mit seiner Frau von ca. 300 Lats leben muß, das sind ca. 430 ?. 120 Lats kostet im Winter allein die Heizung in den schlecht isolierten Mietskasernen, dazu kommen Miete, Telefon, Fernsehen, Busfahrgeld etc. Wir bekommen einen kleinen Eindruck von seinem Leben, als wir mit einem Taxi einige unserer Kleidersäcke und Koffer zu ihm nach Hause schaffen. Trostloser können wir es uns gar nicht vorstellen. Natürlich hofft Igor auf etwas finanzielle Unterstützung für sich und seine Inga, für die er alles tut und die bekommt er auch. Abends sind die "Tini" mit - seit Klaipeda - Einhandsegler Ben und auch die englische "Anneliese" mit Michael und Crew eingelaufen. Wir müssen noch überlegen, wen wir wo gesehen haben - wir aber sind inzwischen bekannt wie ein bunter Hund!Am 4.7. laufen wir zusammen mit "unseren" Engländern nach Pavilosta ex Paulshafen aus. Nach 2 Stunden Perkins holen wir den Blister raus. Auch wenn er zeitweise nicht mehr als 3,5 Knoten bringt: wir haben das Motoren satt! Die alte Holzpier vor dem Hafenhaus ist noch verrotteter als vor 6 Jahren, aber wir gehen trotzdem zwischen Fischkutter und Grenzschutzboot, da kann sich Michael ruhig beschweren, er habe extra für uns Platz gemacht an dem neuen Holzponton. Er sabbelt uns ein bißchen zuviel. Meine Freunde Haralds und Rita sind telefonisch nicht zu erreichen, so wandern wir zu ihrem Haus in der Kalnu Iela, um uns für morgen zum Kaffee anzumelden. Ich hätte es besser wissen müssen, natürlich müssen wir dableiben, bißchen essen, bißchen trinken und natürlich das Spiel Deutschland:Italien bei ihnen anschauen. Zum Kaffee morgen müssen wir natürlich trotzdem kommen. Haralds war bis vor einigen Jahren Hafenkapitän hier in Pavilosta und er läßt es sich nicht nehmen, uns nach der Verlängerung des Spiels zu seinem alten Arbeitsplatz zurückzubegleiten. Irgendwie muß es damit zu tun haben, daß bei uns kein Hafenmeister zum Kassieren vorbeischaut. Am nächsten Tag probieren wir unser altes Schlauchboot mit dem neuen Außenborder auf der "Saka" aus. Nachdem Kirsten neue Ventile ins schlappe Schlauchboot gedreht hat und wir die Gebrauchsanweisung des neuen Außenborders studiert haben: Idylle pur! Zwar gleiten wir durch dunkelbraunes Wasser, aber gesundheitsschädlich kann es nicht sein, zumindest nicht für Tiere. Es gibt reichlich Fische und ein Bauer führt sogar seine Schwarzbunte zur Tränke.Kirsten staunt am Nachmittag über die lettische Gastfreundschaft. Der Tisch biegt sich unter allem, was Küche, Keller und Garten so hergeben. Dazu gibt es "Hausmusik" von Haralds, er ist ein exzellenter Akkordeonspieler. Eigentlich wollten wir mit Kleidung und einem "Samsonite" Haralds und Rita erfreuen. Tun wir wohl auch, aber wir gehen mit dem Gefühl an Bord, noch reichlicher von ihnen beschenkt zu sein. "Riga's Balsam", "Laima"-Schokolade, ein Hafenbuch mit Widmung, Salat und frische Zwiebeln aus dem wundervollen großen Garten, selbst gefangene und eingelegte leckere Sardinen ... Nichts können wir ablehnen. Und dann muß Kirsten noch ein großes Ehrenwort abgeben, daß wir auf dem Rückweg nicht an Pavilosta vorbeifahren. Demnächst soll es auf der anderen Saka-Seite einen neuen Superhafen für Yachten geben! Auch hier bin ich - wie in Liepaja - für abwarten. Nachdem wir nochmal beim Duschen den Kopf geschüttelt haben über die Deckenlampe, die nur am Kabel hängt und den Wasserhahn, der lose im Waschbecken am Schlauch befestigt ist, fahren wir weiter nach Ventspils. Sonne satt, 25°C im Schatten, leichtes Gekräusel, Perkins! Zum zweiten Mal kommt unser teures Stück, ein Bojenhaken von Niro-Petersen in Flensburg, zum Einsatz. Gar nicht so einfach das An- und Ablegen. Die Bojen liegen fast unsichtbar unter Wasser und ein Finne muß sogar mit dem Messer zwischen den Zähnen tauchen, um seine Schraube von einer Bojenleine zu befreien. Ein Tag und ein Rundgang durch Ventspils genügen uns, eine nette Hafenpromenade, ein hübsches Schloß und einige nette Kneipen in der Stadt, wir werden Windau ja auf dem Rückweg nochmal anlaufen. Abends kommt noch mal der männliche Crew-Teil der "Hanö" zu Besuch, nur ganz kurz, und bleibt ein paar Stunden. Wollte sich wohl mal die "Weiberwirtschaft" an Bord der "Pirol" ansehen. Er hat sich den Törn nach Riga auf seinem eigenen Kiel geschenkt und ist mit seiner Ina per Bahn nach Riga gefahren. Wir nicht, machen uns am 7. am späten Vormittag auf den Weg. Bis auf "kaum Wind" und den von vorn eine Super-Reise. Warm, glutroter Sonnenuntergang, fast Vollmond. Einem kurzen Ausflug mit Kreuzen in die Schiffahrtslinie setzt ein Frachter ein Ende: "You are on a dangerous course". Also 25 Stunden motoren bis Riga. Nicht nur uns geht es langsam auf den Keks, aber trotzdem kann ich Kirsten nicht zustimmen, die mal einen "richtigen Sturm" erleben will. Mir reicht noch der von Wladyslawowo in Polen.Auch der "Andrejosta"-Hafen in Riga hat sich gemausert, Schwimmstege und viele Bojen. Mein Freund, der Hafenmeister Arnis ist schon zur Stelle und freut sich, uns begrüßen zu können. Er hatte ja schon vom Clubkollegen Jürgen gehört, daß wir im Anmarsch sind. Bevor wir uns auf's Ohr legen, kommen erst nochmal 2 Maschinen Wäsche auf die Leine. Es ist so heiß, daß wir das erste Teil schon wieder abnehmen können, nachdem wir das letzte aufgehängt haben.Der nächste Tag vergeht mit Ausschlafen bis 10°°! Haben wohl etwas nachzuholen. Dann Rotwein und Häppchen auf der "Anneliese", die inzwischen auch eingetroffen ist und hier Crewwechsel machen will, Stadtbummel mit Besuch der prachtvollen russischen Kathedrale, Rikscha-Fahrradtour durch die Altstadt, kleine Erholungspause von nichts auf dem Domplatz mit live-Dixieland-Musik und Rückweg über die Elisabethstraße mit ihren herrlich restaurierten Jugendstilfassaden. Das Leben kann wirklich schön sein. Abends Blitz und Donner und Platzregen, aber am nächsten Morgen strahlt "Klärchen" schon fast wieder zu doll.Wir haben uns überlegt, evtl. über Gotland zurückzufahren, aber da fehlen uns ein paar Seekarten. Die zu besorgen ist trotz Wegbeschreibung von "meinem" Arnis mal wieder mit Hindernissen versehen. Aber besonders Kirsten gibt ja nicht auf. Wir kommen mit dem Bus und ohne Taxi dorthin und kriegen auch, was wir wollen. Anschließend noch Einkauf bei "Rimi", der scheinbar jetzt sehr verbreiteten neuen Supermarktkette in Lettland und der Nachmittag wird verbummelt. Riesiger Markt bei den Zeppelin-Hangars hinterm Hauptbahnhof, Rast auf dem Domplatz und Essen im "Put vejns", das ich noch von früher kenne. Wir sind begeistert von dieser Stadt mit all ihren Facetten, Sänger und Musikanten, Bettler und Businessleute, Rikscha-Fahrer und Touristen aus aller Herren Länder, es ist einfach toll. Wir bleiben noch ein bißchen.

Freitag, Juli 07, 2006

24.06.-02.07.2006 - Leba/Polen bis Liepaja/Lettland


Leider den ganzen Tag auf dem Weg nach Leba Totenflaute. Also, auch wenn wir den Motorenlärm satt haben, der Perkins muß ran. Freundlicher Empfang in Leba, können ohne Formalitäten zur Marina einlaufen. Nur eine deutsche Charteryacht X-42 im Hafen und bis zum Morgen folgt uns keiner der Rügenwalder Nachbarn. Wir verbringen den Tag mit einem Ausflug auf die riesige Wanderdüne, ganz schön anstrengende Kletterei bei der Hitze. Aber wir werden mit einem Superblick über den See auf der einen und der Ostsee auf der anderen Seite belohnt. Anschließend erholen wir uns auf der Terrasse des Hotels Neptun, früher angeblich das Göringsche Jagdschloß, hoch über dem belebten Badestrand. Zurück im Hafen flattern weitere 7 "Adenauer" an den Schwimmstegen. Hatten gestern bis 15 Uhr Auslaufverbot wegen "Ballerei" im Schießgebiet. "Huch!", gut, WIR hatten gar nicht erst gefragt! "DU!" sagt Kirsten. Günstiger Wetterbericht am nächsten Morgen und - nachdem wir noch 180 l Diesel gebunkert haben - düsen wir mit einem Reff im Groß mit 6-7kn Wladyslawowo ex Großendorf am Anfang der Halbinsel Hela entgegen. Kirsten strahlt, endlich wieder segeln. 3 Stunden später Wind platt von vorn und - da wir spät dran sind: motoren. Über die Entscheidung sind wir ziemlich froh, als 2 Stunden vor Wladyslawowo eine drohende schwarze Wand von hinten aufzieht und uns in kurzer Zeit mit Blitz und Donner und Regen wie ein Wasserfall überfällt. Unser Windmeßgerät zeigt Böen mit 50 kn Wind, also 9 Bft. Als die Front nach einer Stunde durchgezogen ist, hinterläßt sie uns in pottendickem Nebel. Na, das mußten wir ja in Portugal vor 2 Jahren schon mal üben, aber etwas mulmig ist uns schon, als wir die angepeilte Ansteuerungstonne erst sehen, als wir hinspucken konnten. Langsames Tasten zur Einfahrt kostet nochmal Nerven, aber dann ist es geschafft. Den Einlaufschnaps haben wir uns verdient. Ein kurz hinter uns einlaufender Pole winkt uns auch sichtlich erleichtert zu. Ohne Radar keine Chance.Windvorhersage 5-6Bft. zunehmend 7 erleichtert die Entscheidung: Hafentag! Für die 120 sm nach Klaipeda sollte es nicht so reichlich sein. Auf der Suche nach einem Internetcafé verbrauchen wir durch verwirrende Ortsbeschreibungen soviel Kalorien, daß wir die mit einem leckeren "Gofry" (knusprige Waffel mit Sahne, Erdbeermus etc.) wieder zuführen müssen. Nur leider sind die Dinger wie gutbelegte Hotdogs eigentlich nur in der Dusche zu essen. Im Hafen haben inzwischen wieder einige schon bekannte Yachten angelegt, u.a. die "Atair" mit Wolfgang und Gerlinde. Sie muß wegen eines Lungenemphysems 24 Stunden am Tag Sauerstoff zuführen. Bewundernswert beide.Der nächste Tag bringt Windvorhersagen von 4-5Bft. aus Westen. Sollte eine schnelle Reise nach Klaipeda werden. Die junge Grenzpolizistin lacht: "Wow, nur 2 Frauen?" und dann: "no men, no cry!", was ihren männlichen Kollegen hüsteln läßt. Die Reise wird dann wirklich schnell, bis zu 7kn, aber bringt auch dicke "Bobbymatzen" von achtern, die die "Pirol" rollen und mich seekrank werden lassen. Dann verklemmt sich auch noch die Aries-Windsteueranlage, der Autopilot ist wegen der hohen Wellen nicht richtig einsetzbar und Handsteuern ist angesagt. Die arme Kirsten hat nicht allzu viel Hilfe ausgerechnet auf dem langen Nachttörn, aber wenigstens sind die Nächte hell und es gibt keinen Regen.Frühmorgens am 29. laufen wir in Klaipeda ein. Die Einklarierungspier ist inzwischen im neuen Werfthafen, aber mindestens genauso mies wie früher im Winterhafen, kaum Platz zum Rangieren zwischen einer Slipanlage und haushohen Kümos. Dafür hat sich der Old Castle Port gemausert. Kirsten laviert die "Pirol" bravourös durch den engen Burggraben und wir schieben uns in ein freies Plätzchen zwischen den vielen Heckbojenliegern. Erstmal SCHLAFEN! Dann "Ännchen von Tharau" auf dem Marktplatz besuchen und über den wunderbaren großen Markt laufen. Am nächsten Tag haben wir Gäste. Jonny Köhler aus Travemünde, der inzwischen 90jährige ex "Memeler Jung", Segler, Eissegler, Besitzer eines 20er Jollenkreuzers "Salome", und seine und seit seiner 80. Geburtstagsfeier hier auch meine und Frank's Freunde Kostas und Gerdre kommen zum Klönschnack. Jonny ist leider inzwischen fast blind, aber geistig total fit und körperlich für 90 auch noch sehr gut in Form. Kostas, Präsident vom hiesigen Budys Jachtklub hat Probleme mit den neuen Hafenbetreibern. Aber das war schon früher so und die Litauer sind es gewöhnt. So schmecken der Kurische Fischerschnaps und Erdbeeren mit Sahne trotzdem und Gerdre strahlt über einen unserer Kleidersäcke aus dem Vorschiff.Unsere Fahrt nach Nidden unternehmen wir am Samstag morgen, mit der "Mecklenburg" geht es bei schönstem Wetter über das traumhafte Kurische Haff. Fast zu wenig Zeit für das idyllische Dörfchen, aber es reicht für ein zünftiges Mittagessen, den Gang durch duftende Kiefernwälder zum bekannten Leuchtturm und einen Bummel durch die Straßen mit ihren schmucken bunten Holzhäusern und den typischen ornamentenverzierten Giebeln. Viele, viele Stände mit Bernsteinverarbeitung in jeglicher Form mit noch zu wenig kauflustigen Touristen.Sonntag wird's nun aber Zeit, wir müssen weiter. Durch Hin und Her mit den Behörden, wie, wann und wo ausklarieren, sparen wir eine Nacht Hafenliegegebühr, was bei diesen Strandräubern hier immerhin 20 ? ausmacht. Ententeich bis leicht gekräuselt. Perkins! In Liepaja ex Libau wehen uns 29 finnische, 5 deutsche und eine holländische Nationale entgegen. Alle in 3er Päckchen, nur wir bekommen ein exklusives Stück Pier direkt an der Straßenbrücke, in das ich die Pirol rückwärts hinein manövriere, hat super geklappt! "Noch ist es ein Provisorium mit Container WC und Dusche", sagt der Hafenmeister, der nur unsere Pässe will, "aber im nächsten Jahr ..." und küßt seine Fingerspitzen! Nun ja, das kenne ich eigentlich auch seit 15 Jahren in Lettland. Warten wir's ab.