Mittwoch, August 19, 2009

1. - 12. 8. 09 Simrishamn/Schweden bis Rödvig/Dänemark


In Simrishamn gastiert - wie im letzten Jahr - der Zirkus "Olympia". Von dem waren wir total begeistert, weil es keine exotischen Tierdressuren außer mit Kamelen und Lamas gab. Auch dieses Mal absolut klasse, statt Tigern springen Hunde durch brennende Reifen und sogar Katzen laufen Slalom und rollen sich auf Kommando um ihre Längsachse. Dazu großartige Akrobatik und einen Clown, über den man auch ohne Schwedischkenntnisse lachen kann. Als krönenden Abschluß gönnen wir uns dann bei guter Live-Jazzmusik einer "wie wir in die Jahre gekommenen" Band im Hafenlokal "Röken" rosagebratene Entenbrust mit gebackenen Kartöffelchen und knackigem Gemüse.

Am Morgen entscheiden wir uns - wie die "Dinah", die wir schon vom letzten Jahr kennen - für Ystad. Ist nicht so weit, so ist der Perkins zu ertragen. Ystad ist voll schon am frühen Nachmittag. Ein unfreundlicher Schwede will uns nicht längsseits haben, da suchen wir uns einen freundlicheren Nachbarn: Ein Charterschiff mit großer Familie drauf, die morgen - wie viele andere deutsche und auch holländische Skipper - möglichst weit Richtung Heimat kommen wollen. Obgleich hier die Schiffe zu viert und zu fünft nebeneinander vertäut sind, langen sie hafengeldmäßig ganz schön zu: 240 SEK! Großes Ablegen am Morgen, wir haben uns inzwischen zu Kopenhagen als Ziel umentschieden und gehen wieder nur bis Gislövsläge. Rollen mal wieder 4 ½ Stunden unter Motor. Langsam machen diese sogenannten Segelsommer wirklich keinen Spaß mehr. Dies ist das dritte Jahr, wo nicht nur wir maulen. Kirsten ist völlig genervt und will "nie mehr Ostsee segeln"! Weil wir unser Selbststeuer fahren lassen und nebenher Bridgeprobleme diskutieren fahren wir fast durch ein großes Feld mit Fischernetzen. Auch das noch. Wenigstens den besten Liegeplatz ergattern wir und wärmen uns das Labskaus von gestern auf. Neben Super-Luxusyachten finden erfreulicherweise auch solche "Augenweiden" ein Plätzchen (s.Foto).

Auch der nächste Morgen trägt nicht zur Aufheiterung bei: graues Meer, grauer Himmel- schwer von Regenwolken. Hafentag. Roger und Britta, die gestern noch von Bornholm hereinwedelten, segeln trotzdem raus, aber die "Smilla" treibt mehr an der Mole vorbei als dass sie segelt. Kurz danach setzt auch noch Dauerregen ein. Grauslich. Wir wollen hier stur aussitzen bis passender Wind für Kopenhagen weht. So machen wir am 4. nochmal einen Ausflug nach Trelleborg. Die Busfahrerin kommt ein paar Minuten zu spät und erläßt allen Fahrgästen das Fahrgeld. Hat man sowas schon mal in Deutschland erlebt? Wenigstens hat sich wieder Sommerwetter eingestellt und so grillen wir unsere letzte deutsche Bratwurst im Hafen. Ein deutscher Einhandsegler aus Neustadt kommt mit dick verbundenem Finger vorbei. 1 ½ Stunden Notoperation vorgestern in Trelleborg. Er hat sich in einer Schot eine Fingerkuppe abgequetscht. Jetzt wartet er auf seinen Vater, weil so einhand geht das Segeln natürlich gar nicht. Armer Kerl.

Halten das Aussitzen nur bis zum 5. durch. Da kapitulieren wir vor dem Wetterbericht: Mindestens 5 Tage Hochwetterlage, also Sommer aber kaum Wind. Wenigstens bis zum Falsterbrokanal in den Hafen Höllvik wollen wir für einen Tapetenwechsel. Langsam müssen wir Diesel nachbunkern, ca. 300 l, aber der Automat in Gislövslage spuckt auf die Kreditkarte immer nur 30 l aus, dann muß man wieder neu alle Daten einfüttern. Zu mühsam, wir warten bis Höllvik, aber der Automat nimmt nur Schwedenkronen und da wir - auf dem Weg nach Dänemark - nicht mehr so viele Schwedenkronen haben, vertagen wir das Tanken bis Dragör, unserem Kopenhagen-Hafen. Für die 200 SEK Hafenliegegebühr, die Höllvik wirklich nicht wert ist, nutzen wir trotz brütender Hitze wenigstens noch die Sauna. So kommt doch auch mal mein seit Jahren mitgeschleppter Pareo zum Einsatz. Der Vorteil bei dem Wetter: die Sauna gehört uns ganz allein.

Morgens strahlt "Klärchen" vom blauen Himmel und - still ruht die See. Motoren bis Dragör, aber etwas entschädigt uns der Liegeplatz: Gleich neben der Bunkerstation und vor dem beliebten und daher auch sehr belebten Hafenrestaurant. Der ideale Platz, um das von Kirsten schon in Karlskrona gebastelte "FOR SALE"-Schild an die Reling zu hängen. Hier wollen wir mindestens 2 Tage bleiben und uns Kopenhagen ansehen. Daß das Schild uns wirklich einen Kaufinteressenten bringt, glauben wir natürlich nicht, aber - oh Wunder - abends steht Axel Vogt als ernsthafter Interessent vorm Schiff. Er ist gebürtiger Hamburger, seit 1965 in Dänemark und lebt in Helsingör, nördlich von Kopenhagen. Also nix is mit 2 Tagen Kopenhagen, wir segeln (na immerhin 2 von 6 Stunden) nach Norden. Abends Einladung zum Abendessen in sein Haus, in dem er mit Frau Brigitte lebt, 85 Stufen über dem Öresund. Atemberaubender Ausblick erst auf die vorbeiziehenden Frachter und Segler und später auf das Lichtermeer Helsingborgs auf der gegenüberliegenden schwedischen Küste und den aufgehenden Vollmond. Tja, und heute sind wir ein Stück rausgesegelt und er ist immer noch wild zum Kauf entschlossen und morgen wird der Vertrag gemacht. Unglaublich! Am liebsten würde er uns mit dem Auto nach Schleswig zurückkutschieren, aber das machen wir denn doch noch auf den Planken der "Pirol". Wenn das Wetter so bleibt, geht es also morgen so schnell wie möglich zur Schlei zurück. Unser "Baby" scheint in gute Hände zu kommen, so haben wir noch keine Träne verdrückt, aber das kommt wohl noch.Ich habe mir etliche Mückenstiche eingefangen, aber diesmal hat Kirsten den Vogel abgeschossen. Eine Wespe hat ihr in eine Vene auf dem Handrücken gestochen und ein dickes unförmiges blaurotes Ei produziert. Zwiebelsaft und Wundgel lindern ein wenig. Axel kommt vorbei und ruckzuck ist der Vertrag, den Kirsten gestern neben dem Brotbacken bis 1 Uhr nachts ausgearbeitet hat und an dem wir heute Morgen noch etwas gefeilt haben, unterschrieben. Morgen früh geht's für den finanziellen Teil zur Bank und unsere Rückreise wird auf morgen Mittag verschoben. Heute laden uns Brigitte und Axel noch zu einem Ausflug in die hübsche Umgebung zum Kaffeetrinken in eine alte Wassermühle ein. Unser erster Eindruck vertieft sich: die Chemie stimmt und es könnte der Beginn einer netten Freundschaft werden. Das Wetter ist bombig, wenn auch Windstärke und -richtung zu wünschen übrig lassen.

In der Nacht beginnt der Regen und der setzt sich auch den ganzen Morgen fort. Doch nach dem Bankbesuch klart es mittags auf und wir legen ab zurück nach Dragör. 2 Stunden wunderbares Segeln hoch am Wind, doch dann brist er auf und wird spitzer. Wir entscheiden uns, nicht gegenan zu brettern sondern biegen ab nach Skovshoved. Kein besonders attraktiver Hafen und wenig Platz für Gastboote. Als wir an Land gehen, um uns nach einem netten Restaurant umzusehen, steht auf der Pier eine Dame mit Fahrrad und fragt auf Deutsch, ob wir wüßten, wo sie einen Einweggrill kaufen könne. Das wissen wir natürlich nicht, doch ich denke, die Dame sieht aus wie Elke Hosfeld aus Fahrdorf und - sie sieht nicht nur so aus. Sie ist ganz in der Nähe mit ihrem Wohnmobil auf einem Campingplatz und hatte einen kleinen Fahrradausflug unternommen. Auch Elke kann sich gar nicht über so einen Zufall beruhigen und wir trinken erstmal einen Kaffee zusammen im gut besuchten Clubrestaurant. Sollte der Wetterbericht für morgen ausnahmsweise mal stimmen, bekommen wir idealen Wind für Rödvig, 40 sm weiter südlich. Axel sitzt schon in den Startlöchern, um so bald wie möglich nach Schleswig kommen zu dürfen. Aber bis zur Übergabe ist noch viel vorzubereiten und noch haben wir einige Meilen vor uns.

Früh am Morgen heißt es "Leinen los", vorerst mit Ziel Dragör. Die "Kreuzefahrer" in Kopenhagen schlafen noch und auch sonst ist kaum Verkehr als wir die Verkehrstrennungsgebiete passieren. Der Öresund soll ja mit 85.000 Schiffen der meistbefahrene Verkehrsweg der Welt sein. Gleich hinter Kopenhagen kommt uns die norwegische "Sörlandet" entgegen. Das laut Kirsten "schönste Segelschiff der Welt". Auf diesem 3-Mast-Vollschiff ist sie schon dreimal gesegelt, hat selbst in den Rahen gestanden und davon ganz tolle Fotos in ihrer Wohnung hängen. Kurz danach bekommen wir den schönsten Segelwind und beschließen, bis Rödvig durchzugehen. Leider müssen wir die letzten 10 sm noch aufkreuzen, was besonders für Kirsten anstrengend ist, die jedesmal die große Genua wieder dichtholen muß. Mir tut der Nacken permanent weh und abends im Hafen "lecken wir beide unsere Wunden". Wenn die "Pirol" nicht schon verkauft wäre, müßten wir ernsthaft über elektrische Winschen nachdenken. Der Wetterbericht für morgen verspricht mal wieder Starkwind und ich gehe mit Voltaren-gesalbtem Nacken und Diclofenac-Pille früh schlafen. Während das meinem Nacken gut getan hat, erwacht Kirsten morgens mit Muskelkater im Arm. Wir finden beide, daß wir uns vielleicht einer anderen "unserem Alter entsprechenderen" Sportart zuwenden sollten. "Billard" hatte uns in Karlskrona sehr zugesagt! Jedenfalls erstmal wieder einen Hafentag, auch wenn der deutsche Seewetterbericht für morgen und übermorgen nicht viel Besserung verspricht. Die Dänen sind da etwas optimistischer. Mal sehen.

Montag, August 03, 2009

22. - 31. 7. 09 Karlskrona bis Simrishamn


Am Morgen des 22. gibt es kein Halten mehr. Schon ab 6 Uhr morgens brummen die Motoren und rattern die Bugstrahlruder. Wir haben uns mit unseren Polen auf 8Uhr Ablegen verständigt und nach kurzem Drängeln klappt das auch. Sonne und Flaute bedeutet: 28 sm motoren bis Kristianopel im Kalmarsund. Ein idyllischer Hafen mit einem netten Hafenmeister, der allerdings keinen Zweifel läßt, wo der ankommende Segler festzumachen hat. Uns dirigiert er längsseits an die Pier, wo wir auch beim letzten Mal gut gelegen haben und nimmt sogar unsere Leinen an. Ein Privileg, das wir bei keinem nach uns beobachten können. Auch nicht bei der "Joshua", die nachmittags mit unseren ex-Clubkollegen Astrid und Jürgen aus Kalmar kommt. Begrüßungswein dort, abendlicher Plausch bei uns. Bei der Großwetterlage, die für unabsehbare Zeit überwiegend West/Südwestwinde verspricht, entschließen wir uns, daß dies unser nördlichster Hafen sein soll und so legen wir am nächsten Morgen ab. Allerdings braucht es seine Zeit, bis alle Schweden, die uns inzwischen "eingemauert" haben, den Weg freimachen und wir uns auf den Weg nach Torhamn in den südlichen Schären begeben können. Natürlich wieder mit Perkins, aber zeitweise zieht wenigstens die Genua mit. Torhamn ist ein winziger Hafen mit wenigen Plätzen für Gastlieger und wir müssen uns mit einem Plätzchen an "Molly" aus Lippe in Ostholstein gleich neben der Einfahrt begnügen, in die unser Bugspriet auch noch ein ganzes Stück hineinragt. Wir installieren zur Vorsicht erstmal eine rote Flagge und eine Ankerlampe mit Sensor, die sich bei Dunkelheit selbst erhellt. Jaha, die "Pirol" ist ausgerüstet für fast "alle Fälle"! Vor uns quetscht sich noch ein Holländer "Flying Arrow" in die Lücke, in die wir nicht gepaßt haben und die auch für ihn eigentlich zu knapp ist, dirigiert von einem schwedischen Motorbootfahrer, der darin "no problem" sieht. Dabei fährt er in unsere Achterleine, die wir noch schnell lösen können, aber dadurch wird plötzlich unser Stromkabel stramm. "No problem" sieht anders aus. Das sieht dann auch unser Schwede am Morgen ein, denn durch die 90° Winddrehung drückt es den Holländer plötzlich bedrohlich auf sein Motorboot. Er zieht es vor, abzulegen und dadurch bekommen wir alle ein paar Meter Luft. Ein unangenehmer Schwell steht inzwischen in den Hafen und wir verlegen alle noch ein paar Leinen mehr an Land. Des einen Leid, des anderen Freud': nebenan sind die Surfer und Kitesurfer in ihrem Element.
Auch morgen soll es weiter blasen, bis 7 Bft, aber wenigstens auf NW drehen. Scheint, wir kriegen mal wieder ein paar Hafentage. Auch "Molly" aus Lippe macht keine Anstalten, obgleich sie noch Richtung Stockholm nach Norden wollen. "Flying Arrow" legt ab nach Karlskrona. Wir bleiben und haben einen vergnügten Abend mit der "Molly"-Crew Brigitte, Hans und Peter, die nicht in Lippe sondern in Lütjenburg bei Kiel wohnt. "Molly" verläßt uns aber am nächsten Morgen und es braucht seine Zeit, alle Leinen, mit denen wir an "Molly" und an Land hängen, umzudekorieren. Weiter Westwetterlage für die nächsten Tage, langsam deprimierend. Wir kämpfen kurz, ob wir nach Utklippan im Süden oder evtl. durch die Schären zurück nach Karlskrona laufen sollen. Aber 5 Bft. aus Westen sind nicht besonders verlockend. Am Nachmittag läuft die kleine Fähre in den Hafen, offenbar hat ein Passagier einen Herzinfarkt erlitten. Rettungswagen und Ambulanz sind zur Stelle und versuchen lange, ihn mit Herzmassage wiederzubeleben. Nicht nur wir sind noch stundenlang betroffen und mitgenommen.
Abends kommt ein schwedisches Boot mit einem englischen Ehepaar, das in Karlskrona lebt, herein. Sturmfahrt von Grönhögen auf der anderen Seite des Kalmarsund. Ihr reicht es total und sie ist froh, fast zu Hause zu sein. Immer noch heult es aus Westen durch die Masten und wir hoffen auf den nächsten Morgen.
Es bleibt bei Westwind, aber er ist mäßig und wir motoren mal wieder gegenan bis Karlskrona. Langsam kriegt man wirklich die Krise. Die Engländer mit schwedischer Flagge motoren vor uns her. Ich kann ihr nachfühlen: "nice to be home again". Unter der 18 m hohen Brücke zwischen den Inseln Senoren und Möcklö zieht man unwillkürlich den Kopf ein (siehe Foto). In Karlskrona trudelt die "Krusenstern" mit Dörte und Peter Kruse, auch ex-Clubkollegen, ein. Sie haben schon die "Ostsee rund" hinter sich, sind aber auch seit Anfang Mai unterwegs. Wir machen das Beste aus dem Tag, gehen ins Internet-Café, tauschen Geld. waschen und backen Brot. Morgen hoffentlich weiter nach Hanö.
Aus Hanö wird Utklippan, kurz entschlossen und das war eine gute Idee. Endlich mal wieder SEGELN! Allerdings muß es kurz vorm Hafen nochmal ordentlich aufbrisen und wir entschließen uns, durch die östliche Einfahrt von Lee einzulaufen. Bis dahin schaukelt es uns aber noch ordentlich durch. Bis jetzt ist viel Platz, doch am Abend ist es wie jeden Tag im Sommer, jeder bekommt seinen "Anlieger" oder auch zwei. Wir haben zwei! Utklippan ist schon sehr interessant, ein sicherer Hafen in der oft "tosenden" Hanöbucht. Aber man muß auf diesem Steinhaufen nicht unbedingt mehrere Tage verbringen. Es gibt weder Strom, noch Wasser, noch eine Dusche - nur ein Plumpsklo! Wir sind froh, daß der nächste Tag günstigen Wind für Hanö verspricht. Inzwischen wollen wir - wie etliche - nach Bornholm als weiteres Ziel und versuchen, so weit wie möglich nach Westen zu kommen, um einen günstigen Winkel zu bekommen.
Heureka! Der Wind treibt uns - zumindest die Hälfte der 50 sm - unter SEGEL nicht nach Hanö sondern sogar bis in den Hafen von Simrishamn. Auch wenn es morgen schon wieder eine Sturmwarnung gibt, von hier sind es nur ca. 25 sm bis nach Allinge auf Bornholm. Auch "Krusenstern" liegt in Simrishamn. Sie hatten sich gestern nach Hanö gekämpft. Kein Vergnügen! Am 30. läuft kurz vor dem Wolkenbruch auch "Smilla" mit Roger und Britta ein. Langsam ist der Hafen fest in "Schleswiger Hand". Alle sind aber der Meinung: der 31. ist mal wieder ein Hafentag, Windwarnungen ohne Ende. Wir sind noch gut dran in der Südlichen Ostsee. Im Kattegat kachelt es bis 10 Bft. Simrishamn ist ja auch gar nicht so schlecht. Schließlich haben wir im letzten Jahr hier schon einmal 5 Tage abgewettert! Bis die Tage!