Samstag, August 18, 2007

05. - 18.08.07 Lohme auf Rügen bis Wismar


Morgens treibt ein Ruckfender mit abgerissenem Stück Leine vorbei und wird gerne von uns gerettet. 30 € lt. Katalog! Sicher bei dem mißglückten Anlegemanöver einer dicken Motoryacht vorgestern abgerissen, das aber inzwischen wieder ausgelaufen ist. Wir laufen um 10 Uhr aus nach Vitte auf Hiddensee. Der Wind ist so schwach, daß wir nur kurz unsere Genua lüften und dann den Perkins anschmeißen. Das Fahrwasser durch das Flach vor Hiddensee ist gut betonnt, aber das ist auch nötig. Links und rechts gehen
Möwen, Gänse, Kormorane, Enten und andere Wasservögel zu Fuß. Um ihnen nicht Gesellschaft zu leisten, "schrammen" wir lieber nah an den vielen Fähren vorbei, die Kloster, Vitte, Schaprode, Neuendorf und Stralsund verbinden. Vitte ist trotz ziemlich salziger Liegegelder proppevoll, wieder viele Segler, die hier Strandurlaub machen. Wir denken schon, einen der letzten Liegeplätze bekommen zu haben mit nur einem Heckpfahl zum Anbinden, aber es fallen noch Scharen nach uns ein und irgendwo kommen sie
alle unter. Wir machen einen Rundgang über Strand, durch's Dorf zum Stadthafen. Hat sich gemausert, der Ort, seit ich vor ca. 14 Jahren mal hier war. Sehr hübsch und gemütlich, weil hier als Fortbewegungs- und Transportmittel nur Pferdefuhrwerke und Fahrräder zugelassen sind. Zurück in der Marina haben wir einen Nachbarn, der sich an unserer Heckklampe mangels Pfahl festgebunden hat. Da wir früh los wollen am nächsten Morgen - Warnemünde, unser nächster Hafen ist weit - bieten wir ihm an, seine Heckleine
um 6 Uhr früh auf unseren Achterpfahl zu legen. "Ok" sagt er, aber morgens taucht er trotz zeitigen Klopfens auf sein Deck nicht auf. Also schmeißen wir kurzerhand seine Achterleine an Deck und legen ab. Da taucht ein verschlafener Kopf doch noch staunend aus dem Schiff. Tja, dumm gelaufen! Außer der "Frederic Chopin" und einem anderen Deilmann-Flußschiff bewegt sich noch nichts aus dem Vitter Hafen. Vom Dornbusch erheben sich Tausende von Kormoranen, als wenn jemand ein Tor geöffnet hätte, und fliegen
in endloser Reihe zur anderen Seite zum sogenannten "Bug". Dort scheint es einen Fischschwarm zu geben denn kurz darauf brodelt das Wasser. So früh ist noch nicht viel Wind, aber wir können den Blister setzen. Bis Darßer Ort geht es dann Blister runter, Motor an, Blister wieder hoch usw. Aber als wir da um die Ecke biegen holt der Wind Luft und legt uns fast flach auf's Wasser. Haben Mühe, den Blister noch wegzunehmen und Groß und Genua zu setzen. Bei Süd/Südost 4-5 Bft. flitzen wir dann wie verrückt
mit bis zu 8 kn am Wind. Nur Fliegen ist schöner. So können wir uns erlauben, die - weil unverschämt teuer - halbleere Marina "Hohe Düne" links liegen zu lassen, und eine Stunde weiter bis in den Rostocker Stadthafen zu fahren. Da wollten wir sowieso hin, weil in zwei Tagen die "Hanse Sail" startet mit über 250 Traditionsschiffen. Vorher können wir nun endlich mal waschen, allmählich gehen uns die T-Shirts und Unterhosen aus, obwohl wir jede ca. 50 Stück dabei haben. An Land werden Buden und Fahrgeschäfte
aufgebaut und auch die ersten Hanse-Sail-Teilnehmer laufen ein. Die nächsten Tage steppt in Rostock und Warnemünde der Bär. Wunderschöne Großsegler und Koggen, der Dampfeisbrecher "Stettin" aus Kiel, aber auch "Rostlauben" versuchen, viele Passagiere für Tagestörns zu gewinnen, um ihre kostspieligen Schiffe in Schuß halten zu können. Bis zu 1 Million Besucher werden erwartet, die dann aber wegen des ungünstigen Wetters nicht erreicht werden. Aber 750.000 Menschen sind auch eine ganze Menge. Sie schieben
und drängeln sich die Promenade entlang und wir mit. Besichtigen die Kogge "Roland von Bremen" und sehen uns in Warnemünde das Einbugsieren der "Krusenstern" an. Ein Schauspiel! Neben uns legt die russische "Odissey" mit 2 x Alexander und 1 x Igor an. Abends kommen sie auf ein Bier zu uns ins Cockpit. Mechaniker Igor spricht viel, aber am wenigsten Deutsch und kein Englisch. Verständigung geht nur mit Händen, Füßen und Zeichnungen. Als ich irgendetwas zum Thema "Müdigkeit" erklären will und ein Bett
male, merke ich an Igors Blick, daß er das etwas mißverständlich findet. Auch mein mehrfaches Durchkreuzen des Bettes bringt da nichts mehr. Aber Riesengelächter. Bis zum 12. haben wir Spaß auf der Meile, abends Oldies zum Mitsingen und -tanzen live auf der großen Bühne und die Kombüse bleibt bei den verlockenden Angeboten an Land die ganzen Tage kalt. Bevor wir mittags nach Kühlungsborn ablegen, steht ein Paar bei uns am Steg und fragt, ob die "Pirol" mal den Namen "Wendland" trug. Es waren Mittelmeer-Segler,
die mit dem Vorbesitzer und witzigerweise auch mit unseren SSC-Clubkollegen Rolf und Carla in der Türkei zusammen gesegelt hatten und das Schiff wegen des ungewöhnlichen Cockpit-Daches wiedererkannt hatten. Die Welt ist wirklich klein.
Wind für Kühlungsborn fast gleich null, aber eklige Welle. Der Hafen ist ganz gut belegt, finden aber in den für zwei Boote ausgelegten Plätzen mit Schwimmsteg-Fingern Raum neben einer Hallberg Rassy 34. Die Nachbarin staunt: "Na, Sie kennen aber Ihr Schiff!" Gerade noch Fender-Abstand zu Ihrem Schiff auf der einen und dem Schwimm-Steg auf der anderen Seite! Sollen wir dementieren? Abends ist mal wieder große Spinnenjagd angesagt und das, obgleich ich ja fast eine Phobie habe! Vergnügen haben nur
unsere Nachbarn, aber egal, alles, was sich erwischen läßt, fliegt ins Wasser. Wahrscheinlich entert die Hälfte nach kürzester Zeit wieder das Boot, denn sie kraulen zurück was das Zeug hält.
Am nächsten Morgen liegen wir quer in der Box. Unsere Nachbarn sind weg und wir hatten vergessen, eine Achterleine zu legen! Der zweite Tag in Kühlungsborn kostet zu den 17,50 € "nackten" Liegegebühren noch zusätzliche 2 € pro Person an Kurtaxe und das, obwohl wir kein kostenloses Angebot wie Baden, Kurkonzert, Vorträge etc. nutzen oder nutzen können. Lassen nur Geld bei einer Fahrt mit Dampfbahn "Molly", in Restaurants und Geschäften. Strandräuber! Beim nächsten Mal bleiben wir nur eine kurtaxen-freie
Nacht, auch wenn das wahrscheinlich bei der gut ausgebuchten Marina niemanden kratzen wird.
Da geht's doch in Wismar, unserem nächsten Hafen, moderater zu. 12 € inkl. Strom. Hier finden ab morgen die "Schweden-Tage" statt und wir finden die gleichen Schausteller und Buden wieder, die wir schon in Rostock sahen. Nehmen scheint's jedes seglerische Ereignis der Küste mit. Hier findet uns auch zum zweiten Mal die neue "Bonnie"-Crew auf dem Rückweg nach Schleswig und wir gehen mit ihnen ein hausgebrautes Bierchen trinken im 555 Jahre alten Brauhaus. Tolle Stadt mit super renovierten alten Giebeln
und Häusern sehen wir am nächsten Tag auf einer kurzweiligen Tour mit gutem Stadtführer im Stadtbus "Kuddel". Als sie am nächsten Morgen Kanonen vor unserem Schiff aufbauen, um die schwedischen Großsegler mit Salut zu begrüßen, verholen wir uns ins nächste Hafenbecken zum Wasserwanderrastplatz. Schöner kleiner Hafen, aber gegenüber bringen Schiffe Schrottladungen, die mit Getöse von den Kränen auf Eisenbahnwaggons umgeladen werden. Na, immer noch besser als Kanonendonner. Wir haben uns entschlossen,
von hier am Sonntag nach Neustadt in die Werft zu gehen, damit wir ganz in Ruhe alles für das Sandstrahlen dort vorbereiten können. Von dort also der letzte, sicher ganz kurze Bericht dieser Reise.

Sonntag, August 05, 2007

23.07.-04.08.07 Kolberg/Polen bis Lohme auf Rügen


Am Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Der Wind hat etwas nachgelassen und wir spazieren im Sonnenschein zur Mole, am gut besuchten Strand entlang und durch den Park zurück zur Innenstadt. Dort stärken wir uns in einem der vielen Straßencafés mit einem "Gofry", einer frisch gebackenen Waffel mit viel Sahne und Erdbeersoße. Wie "Hot dog" für "Außerpolnische" eigentlich nur unter der Dusche zu essen. "Frida" simst noch aus Leba, aber morgen ... Abends in der "Taverna" im "Fort Schill"
wundern wir uns etwas, daß heute keine Musik aus den Lautsprechern dröhnt oder eine Band live spielt. Den Grund erfahren wir erst am nächsten Morgen von Wojtek, "ein polnischer Reisebus ist in Frankreich verunglückt mit über 20 Toten" und der Präsident hat für 3 Tage jede öffentliche Musikveranstaltung untersagt. Davon sind auch die "Rolling Stones" betroffen, die ihr Konzert in Polen dann aber um eine Minute nach Mitternacht nach Ablauf der Staatstrauer starten wollen.
SY "Frida" ist unterwegs und läuft wahrhaftig abends um halb neun nach 75 sm am Stück mit ziemlich geschaffter Crew ein. Wir sind ganz gerührt, daß sie sich das für ein nur kurzes Wiedersehen angetan haben, denn immerhin ist Onerva schon 76 und Erkki 75 Jahre alt. Aber ein heißes Süppchen und belegte Brote mit einem Glas Wein beleben sie soweit, daß sie noch fast bis Mitternacht durchhalten. Erkki spricht leider nur Finnisch, aber Onerva als ehemalige Hotelfachfrau spricht mehrere Sprachen und dolmetscht
fast synchron.
Der nächste Tag bringt wieder Wind ohne Ende, sogar im geschützten Hafen geht das Windmeßgerät rauf bis Stärke 8 Bft. Die Touristenboote drehen ihre Runde nur im Kanal und Innenhafen und gehen selbst da so zur Kehr, daß man schon vom Zusehen seekrank werden könnte. Ein deutsches Motorboot fährt den Touristen zuwinkend Richtung Meer, wir stehen staunend mit offenem Mund. Draußen steigt ihre Nase 45° die Wellenberge rauf und 45° wieder runter. Irgendwann in einem Wellental schaffen sie es dann, das
Boot umzudrehen und ohne Umzukippen oder auf die Klippen zu donnern wieder schaukelnd und stampfend einzulaufen. Diesmal kein Winken zum Ufer!
Endlich hat der Wind morgens soweit abgenommen, daß wir uns auf den Weg nach Dzwinow machen können, 32 sm motoren gegenan, "Frida" hat's besser, 55 sm nach Bornholm unter Segel. Könnten unterwegs den wohl 3. abgetriebenen Wasserball einfangen, aber mangels "Abnehmer" lassen wir ihm die Freiheit. Der Fischereihafen in Dzwinow ist voll, die Marina Golmax gegenüber auch, so nehmen wir den Tipp des Grenzpolizisten an und gehen durch die Zugbrücke an die Stadtpier, wo die zahlreichen Angler nur widerwillig
ihren Stammplatz räumen. Sind auch gar nicht traurig über diese Entscheidung, denn im letzten Jahr lagen wir im stinkenden Fischereihafen am ausgemusterten Kontrollboot ohne Möglichkeit, ein Stromkabel anzuschließen. Strom gibt's hier wenigstens, dafür keine Duschen und nur ein nicht gerade einladendes Container-Klo. Ein polnischer Nachbarlieger läßt uns keine Ruhe, bis wir abends auf ein Bier und mehrere Wodka an Bord kommen. Die brauchen wir auch, um eine Unterhaltung polnisch/deutsch/englisch
in Gang zu halten. Aber eine nette, lustige Truppe. Zum ersten Mal kommt unsere Mückenabwehr "Off" zum Einsatz, angriffslustige Schwärme fallen vom gegenüberliegenden Sumpfgelände ein, und das grobmaschige Mückennetz vor dem Kajüteinstieg unserer Polen würde höchstens Fledermäuse abhalten. Der Wetterbericht verspricht uns wieder mehrere Hafentage, eine Sturmwarnung jagt die andere. Dziwnow ist reine Touristenmeile mit dem angeblich schönsten Strand der polnischen Ostsee-Strände. Fastfoodläden, Spielautomaten,
Kart- und Fahrradverleiher, Eis- und Gofrybuden, Räucherfisch- und Schaschlikstände reihen sich aneinander. Wir aktivieren unsere Bordfahrräder und fahren zum Kapitanat, um evtl. einen Schlüssel für die Duschen im 3 km entfernten Fischereihafen zu bekommen. Den bekommen wir nicht, nur den Rat, beim uns gegenüberliegenden Campingplatz zu fragen. Aber wir haben schlafende Hunde geweckt, zwei Tage später fällt denen ein, daß man ja auch bei der Stadtpier vielleicht Liegegeld einkassieren kann. Na gut,
wir können für 5 zl beim Campingplatz duschen. Abends steckt eine Visitenkarte von der Bonnie-Crew hinter unserem Schott. Unser Clubkamerad Fritz mit Sohn und Freund liegen mit ihrem Motorboot in der privaten Marina Golmax. Da wir von einem Fahrradabstecher dieses Mückennest kennen, laden wir sie auf die "Pirol" ein. Ein ganz schön langer Weg, für den Rückweg denken sie über ein Taxi nach. Die Hafentage summieren sich mal wieder, SW-Wind sogar hier drinnen bis 8 Bft.. Erst nach einer Woche kommen
wir los, nachdem wir noch eine Nacht in die Marina Golmax verholt haben, um morgens früher nach Rügen starten zu können. Trauen nicht den Hafenhandbuch-Angaben, daß die Brücke auf Anruf auch schon morgens um 4 Uhr öffnen wird für uns. Der kleine Privathafen hat Atmosphäre, aber eben auch Millionen Mücken, so verbringen wir die letzte Nacht unter dem Schutz von Moskitonetzen und mückenvernichtendem Duftöl. Die Spinnen überall an Bord tun ja auch ihr möglichstes, aber denen habe ich ja auch - wenn
auch ziemlich erfolglos - inzwischen den Kampf angesagt.
Morgens um 5 Uhr rufen wir die Port-Kontrolle von Dziwnow. Keine Antwort. Auch gut, düsen wir eben vorbei. Aber da taucht doch noch ein Uniformierter auf und holt uns an die Pier. Ist dann aber eine problemlose Abfertigung und: wir haben den absolut richtigen Tag gewählt: 11 Stunden segeln wir mit ausgebaumter Genua und Großsegel nach Rügen. Da ich den ausgewählten Hafen Lohme an der Nordküste von Rügen noch nicht kenne, rufen wir über Handy den Hafenmeister, um nach der Breite der Boxen zu fragen.
Schließlich sind wir nicht so ganz schlank. Ich fange also mit dem Satz an: Wir wollen mit unserem Schiff gerne nach Lohme kommen ...". Weiter komme ich nicht, die schlagfertige Antwort kommt postwendend: "Na, dann kommse doch!"
Ist so ein lustiger Typ, stellen wir dann später im Hafen fest. Idyllischer kleiner Hafen, 221 Treppenstufen unter dem Dorf, das aus vielen Restaurants, Hotels und einer Räucherei besteht. Gefällt uns gut. Ein gepflegter historischer Kutter bietet Fahrten zu den Kreidefelsen an, ein Fischer verkauft seinen frischgefangenen Dorsch am Steg und es gibt einen kleinen Imbiß mit leckeren Kleinigkeiten und Getränken. Also machen uns die drei Hafentage, die wir hier verbringen wollen, weil erst dann eine
uns genehme Windrichtung zu erwarten ist, nichts aus. Wir sind ja gut im Zeitplan. Haben bei NW 6 auch noch Logenplätze im Cockpit für interessante Anlegemanöver. Der nächste Hafen? Demnächst an dieser Stelle.

Mittwoch, August 01, 2007

13. - 22.07.07 Kristianopel/Schweden bis Kolberg/Polen


"Früher Vogel fängt den Wurm" oder "früher Kormoran den Fisch"! Scharen von "Fischers größtem Feind" tauchen morgens um 5 Uhr ob der unerwarteten Störung um diese Zeit empört aus den trüben Fluten des Hafenbeckens und fliegen zu anderen Fischgründen. Das frühe Aufstehen lohnt sich, ohne Wind und vor allem ohne heranrollende Wellen kommen wir bis in die Südlichen Schären. Bei grauem Himmel und etwas diesiger Sicht brauchen wir alle unsere GPS-Routenpunkte, um sicher durch den Tonnenstrich nach Karlskrona
zu kommen. Bekommen fast den gleichen Liegeplatz an der Pier wie vor 2 Wochen. Mittags setzt sich die Sonne durch und wir bummeln durch die inzwischen - da auch Schweden Ferien hat - von vielen Touristen bevölkerte Innenstadt. Wie im letzten Jahr stellen wir fest, die Schweden sind nicht vom Aussterben bedroht: 3 Kinder sind eher die Regel als die Ausnahme. Kirsten hat schlecht geschlafen, eine Zahnentzündung plagt sie seit Tagen, und so klappen ihr die Augen schon vor der Abfahrt mit dem Sightseeing-Bähnle
zu. Wir aktivieren die Salbe, die mir im letzten Jahr der deutsche Zahnarzt auf Gotland verordnete. Zurück im Hafen haben sich inzwischen eine Reihe uns vom Kalmarsund bekannte Boote eingefunden, die ihre Ziele im Norden gestrichen haben und auf Besserung in südlicher oder westlicher Richtung hoffen - wie wir. Der nächste Morgen bringt nicht den angekündigten Wind und wir geben viele Wegepunkte in unseren GPS ein, um weiter durch die Schären nach Karlshamn zu fahren. Vergeudete Zeit, denn 8 sm vorher
disponieren wir um nach Hanö, das unserem nächsten Ziel, Simrishamn, um etliche Meilen näher liegt. Um 5 Uhr nachmittags müssen wir schon ins Päckchen. Die "Nina", eine Hanse 34, läßt uns - ob unserer 16 t verständlicherweise etwas widerstrebend - längsseits gehen, aber sonst keine Chance. Abends zieht noch ein dickes Gewitter über unsere Köpfe hinweg und der wunderschöne Schärenkreuzer vor uns mit dem längsten Holzmast im Hafen installiert seinen Blitzableiter am Achterstag. Die Salbe hat noch keine
Besserung gebracht und so schluckt Kirsten wenig begeistert jetzt auch noch Penicillin-Kapseln. Dazu um Mitternacht noch eine Schmerz- und vorsichtshalber nach den Erfahrungen der letzten Nacht auch noch eine Schlaftablette. Danach könnte sie nicht mal eine Bombe wecken.
Der Morgen bringt Wind und Wellenberge aus südlicher Richtung und der Wetterbericht Hoffnung auf Ost/Südost für den nächsten Tag. Schönstes Wetter und wir bleiben. Kirsten schwankt noch wie eine Palme im Wind. Unser Nachbar will los, seine Frau nicht. Er setzt sich durch, was er wahrscheinlich bereut hat. Zwei deutsche Segler kommen entnervt von den anrollenden Wellenbergen nach einer halben Stunde zurück. Als Kirsten wieder einen Fuß vor den anderen setzen kann wandern wir über die Insel, mit kleiner
Stärkung, Kaffee und leckere Erdbeer-Sahne-Waffel, auf halbem Weg zum hoch auf dem Berg liegenden Leuchtturm. Abends ist der Hafen wieder proppevoll, Dreier-/Viererpäckchen nebeneinander und dann drückt sich auch noch ein Motorboot hinter uns in das letzte Loch. Paßt!
Wir haben uns richtig entschieden! Absoluter Blisterkurs nach Simrishamn, dazu Sonnenschein und T-Shirt-Temperaturen.
Unterwegs bekommen wir ein "schönes" Beispiel von der Koordination der dänischen und schwedischen Rettungskräfte. Ein deutscher Segler meldet über Kanal 16 ein in der Hanöbucht führungslos unter Autopilot fahrendes deutsches Segelboot und wird vom dänischen "Lyngby Radio" aufgenommen. Da unser Segler kein Englisch kann, wird dort erstmal ein deutsch sprechender Controller gesucht. Der nimmt alle Koordinaten auf, Position und Name des meldenden Seglers, Position des führungslosen, Bootsfarbenbeschreibung,
Kurs etc. Unser Melder beantwortet alles brav, doch dann kommt die Aufforderung, er solle den Fall doch der zuständigen "Sweden Rescue" über Kanal 16 melden. Auch das tut der brave Mann. "Sweden Rescue" spricht natürlich auch erstmal nur Englisch, dazwischen meldet sich ein holländischer Traditionssegler um evtl. zu übersetzen, aber auch bei Schweden Rescue findet sich noch ein deutschsprechender Mensch, um unseren armen Segler nochmal nach sämtlichen Einzelheiten zu befragen, inklusive der jetzigen
Position des führungslosen Bootes. Da unser Segler aber inzwischen eine halbe Stunde seinen Kurs weitergefahren ist, der nicht der gleiche des anderen ist, kann er das natürlich nicht beantworten. Anstatt nun "Lyngby Radio" zu kontakten, das ja alle Angaben eine halbe Stunde zuvor aufgenommen hat und mit denen dann die ungefähre Position berechnet werden könnte, muß unser Segler noch seine Handynummer für weitere Fragen durchgeben. Und nicht das Geringste ist in der ganzen Zeit zur Rettung eines
evtl. über Bord gegangenen oder hilflos im Schiff liegenden Seglers in die Wege geleitet worden. Ob unser pflichtbewußter Segler wohl jemals wieder eine treibende Yacht o.ä. meldet?
Wir bekommen eine Meldung erfreulicherer Art. Finnische Omega-Freunde aus meinem vorigen Segler-Leben simsen, daß sie auch auf dem Weg nach Simrishamn sind. In 14 Stunden haken sie die fast 100 sm von Kolberg nach Simrishamn mit ihrer schnellen Omega 42 "Atalanta" ab. Ein fröhliches Wiedersehen mit Kaiju und Eero nach vielen Jahren, in denen wir nur in Postkarten- und e-mail-Kontakt waren. Aus der gleichen Zeit stammt eine andere finnische Segel-Freundschaft mit der SY "Frida", und - kaum zu glauben,
was für Zufälle es gibt - Onerva und Erkki simsen kaum 5 Minuten später, daß sie in Danzig liegen und über die polnische Küste und Bornholm zurück nach Finnland wollen. Vielleicht bekommen wir auch die noch zu sehen, denn der Wind bläst günstig für Bornholm und damit auch für Kolberg. Also, Ystad im Westen gestrichen, auf geht's nach Allinge auf Bornholm, wo wir im letzten Jahr wegen Sturm ein paar Tage gefangen lagen. Bester Segelwind, wunderbar, aber darüber darf man nicht das Ausgucken vergessen.
Nördlich Bornholm ist eine vielbefahrene Schiffahrtsstraße, einmal müssen wir sogar beidrehen, weil ein Schlepper mit "Anhänger" und dazu gleich noch 2 nachfolgende Frachter auf Kollisionskurs liegen und mit denen wollen wir ein Kräftemessen lieber vermeiden. Wie auf Anholt machen viele Segler Langzeiturlaub in den Bornholmer Häfen. Schon mittags haben wir ein Liegeplatzproblem und enden im Vorhafen als drittes Schiff an einer Riesen-Motoryacht mit gräßlichen arroganten Typen und hübschen jungen
Mädchen. "Geld macht sexy"! Uns egal, am nächsten Morgen geht es weiter nach Nexö, wo uns direkt noch ein Pierplatz zum Anlehnen einlädt. Dafür bekommen wir aber kurz darauf zwei Schiffe längsseits, die unsere für morgen geplante Abfahrtszeit um 5 Uhr nicht abschreckt. Der Holländer will ohnehin auch um die Zeit weiter nach Rügen und die auf der deutschen "Carpe diem" freuen sich auf den Pierplatz, weil die Familie hier länger zubringen will. Alle sind also bereit und bei spiegelglattem Wasser motoren
wir von 12 Stunden 10 zur polnischen Küste. Wenigstens die letzten 2 Stunden gönnt Rasmus uns noch eine leichte Brise. "Atalanta" simste schon vorgestern aus dem Kalmarsund und Hossi macht sich mit Jürgens "Meteorologen-Segen" auf den Rückweg von den Azoren. Wir werden in Kolberg von unseren Freunden, dem Hafenbetreiber Wojtek, seiner Frau Jola und Tochter Wiktoria herzlich empfangen und gleich abends zum Konzert und Abendessen ins Hotel "Skanpol" eingeladen, wo Jola vor kurzem vom Rezeptions-Manager
auf einen Direktorenposten gehoben worden ist. Also genießen wir die Einladung ohne schlechtes Gewissen, das wird die Gehaltserhöhung sicher aushalten.
Wir versuchen, auf "Frida" zu warten, die es bis Leba inzwischen gebracht hat. Aber nach einem herrlichen Hafentag drohen jetzt wieder Windwarnungen in Sturmstärke und wir regnen langsam ein. Kann uns nicht mehr erschüttern, noch wird unser Terminplan nicht eng. Also warten wir's ab.