Donnerstag, Juli 12, 2007

02.-12.07.07 Kalmar bis Kristianopel


Nach dem gestrigen Etmal von 66 sm gönnen wir uns zwei sonnige Hafentage. Zum Frühstück finden sich auch zwei Spatzen ein, die bis mitten auf den Cockpittisch hüpfen, um an unsere Brotteller zu gelangen. Erst als sie Bahlsen-Keks-Krümel auf das Achterkajütdach gestreut bekommen, halten sie Abstand. Allerdings nur, bis sie den letzten Krümel vernichtet haben, da wagt sich einer neben meine Teetasse und klaut sich den Reserve-Viertelkeks, der mindestens soviel wiegt, wie er selbst. Freches Volk! Wir
machen einen Stadtbummel, kaufen einen neuen Bootshaken, da Kirsten den guten von zweien an Bord beim Setzen des Aries-Windsteuers versenkt hat. Der Hafen wird voll. Neben uns legen die "Seelords" längsseits der Pier an und blockieren damit 4 Heckbojenplätze. Große Diskussion mit dem Hafenmeister, aber dessen Argument, sie dürfen liegenbleiben, wenn sie für 4 Plätze bezahlen, überzeugt sie und nach vielem Hin- und Hergezerre liegen sie neben uns an einer Heckboje. Die Spatzen haben inzwischen eine
ganze Brotscheibe unter dem Cockpitdach zerlegt, die eigentlich für die Enten gedacht war und neben vielen kleinen Krümeln zahlreiche kleine Pupse hinterlassen. Nachdem wir die Überbleibsel mit Staubsauger und Lappen entfernt haben, machen wir uns auf zum Duschen und entdecken, die Sauna ist heiß. Zu uns gesellt sich ein Holländer und ein finnisches Ehepaar. Beim angeregten Klönschnack stellt sich heraus, die beiden kennen meine Freunde Kaiju und Eero mit ihrer Omega 42 "Atalanta" sehr gut, was bei
100.000 finnischen Seglern in den riesigen Häfen von Espoo/Helsinki fast ein kleines Wunder ist. Ich kenne ja höchstens ein Drittel aller SSC-Segler!
Der Wetterbericht für morgen: schwachwindig aber für übermorgen schon wieder NO 6-7. Leider scheint es mit dem Super-Segelwetter nicht so weiter zu gehen wie bisher.
Wir segeln nach Borgholm auf Öland, da wo Königs ihr Sommerschloß "Solliden" haben und es eine ganz nette Fußgängerzone mit vielen Geschäften und Cafés gibt. Beim Anlegen Nieselregen und kurz danach Wolkenbrüche. Wagen uns trotzdem in die Stadt und essen lecker Waffel mit Grütze und Sahne. Der Wetterbericht für die nächsten Tage: Eine Sturmwarnung nach zwei anderen. Wir beschließen, den Götakanal zu streichen und uns jede Zeit für den Rückweg zu nehmen, damit wir nicht in Terminstreß für Neustadt
geraten, wo die "Pirol" gesandstrahlt werden soll Ende August. So schrubben wir bei einer kurzen Regenpause den Dreck der letzten Häfen von Deck und machen am nächsten Tag Waschtag und Ausflug zum Schloß und seinen gepflegten Parkanlagen. Etliche Schiffe gehen raus, aber ein Getanze in den Wellenbergen. Neben uns nehmen wir einen Segler mit Motorproblem längsseits. Hat es gerade noch unter Segel in den Hafen geschafft und bekommt von uns ein Starterkabel. Seine Starterbatterie war leergelutscht,
weil er den Zündschlüssel nicht umgedreht hatte beim Ausschalten des Motors. Dann überfährt eine finnische Hallberg Rassy eine Boje und die Kette wickelt sich um die Schraube. Wir schicken ihnen mit dem Wind eine Schwimmleine, damit sie erstmal an Land fixiert sind und der Finne ist ruckzuck in Badehose, um den Schaden zu begutachten. Braucht aber dann doch einen Taucher.
Am 7. prasselt immer noch Regen, Regen, Regen aufs Dach, dazu Tiefs rundum und die entsprechenden Windwarnungen. Frustration rundum. "Schnauze voll" sagt Petra von der Hanse 4610 "Taboo". "Schären gestrichen, wir gehen über Kalmar zurück nach Süden." Wir kommen nach, versprechen wir, wenn es etwas trockener wird. Entgegen der Vorhersage Null Wind im Sund - außer unter den dicken Regenwolken -. Erst kurz vor Kalmar brist es auf und da kommt uns eine "Faurby 36" mit SSC-Stander entgegen: Uli und Anneliese
mit Freunden auf dem Weg in die Stockholmer Schären. In Kalmar nimmt Willy von der "Taboo" unsere Leinen an und wir laden die beiden abends auf ein Bier ein. Auch "Colombine" liegt im Hafen. Peter sieht noch ganz mitgenommen aus, sie hatten sich bei einem mißglückten Bojen-Anlegemanöver in Kristianopel die Kupplung zerrissen und mußten noch 15 sm in einen anderen Hafen geschleppt werden, wo erst die Reparatur möglich war. Am nächsten Tag sind wir auf die "Taboo" eingeladen, 2,30 m Tiefgang und 4,50
m breit, 24 m Masthöhe. Auch wenn wir die rustikale Gemütlichkeit unserer "Pirol" vorziehen, sind wir doch schwer beeindruckt. Das elegante Interieur ähnelt eher dem eines Luxusapartments als eines Seglers mit seinen cremefarbenen Ledersesseln und den polierten Mahagony-Tischen und -schränken. Und natürlich Platz ohne Ende.
"Taboo" geht am nächsten Tag wegen seines Tiefgangs nach Sandhamn und wir in den idyllischen kleinen Hafen von Kristianopel. Sch...gestampfe gegenan, wir sind froh, daß es "nur" ca. 28 sm sind. Nachdem wir den letzten "besten Platz" sagt die deutsche Nachbarin - vom Hafenmeister zugewiesen bekommen haben, fallen die Segler in Scharen ein. Morgen früh raus, geht nicht, gleich zwei Viererpäckchen hinter uns. Aber wir wollen ohnehin mindestens einen Tag bleiben, mal unsere Fahrräder rausholen und im
vom "Schärenführer Blekinge" hochgepriesenen Gasthaus "Gästis" essen gehen. Bisher haben wir ja fast nur von Schiffsproviant gelebt.
Unsere "Kanadier" haben sich mit neuer Einspritzpumpe in zwei Tagen von Simrishamn nach Kappeln gekämpft, mailen sie. Hatten auch noch mit einem Leck im Rumpf Probleme und freuen sich jetzt sicherlich auf ihr kanadisches Zuhause. Hossi hat es ohne Probleme auch auf die Azoren geschafft nach langem Warten in Porto. Jetzt müssen wir nur noch wieder über die Hanöbucht etc. Richtung Lübecker Bucht kommen, aber jetzt haben wir ja Zeit. Noch ist es ganz nett hier im Hafen, gibt immer was zu sehen. Gegenüber
fischen 3 süße Blondschöpfe von einem Dänenschiff mit ihrem Catcher eine Qualle aus dem Wasser und klatschen sie auf die Pier. Der Quallenbrei wird unter Kichern mit den Händen in eine leere Colaflasche gestopft und stolz den Eltern präsentiert. Die Reaktion können wir leider nicht sehen. Dann wird noch ein Motorboot mit Motorschaden vom Seenotretter eingeschleppt. Die hatten garantiert auch kein Vergnügen bei der Schaukelei draußen. Wir planen, evtl. morgen ganz früh wieder in die Schären Richtung
Karlskrona zu gehen und dann in kleinen Etmalen weiter nach Süden. Leider nach wie vor südliche bis südwestliche Winde vorhergesagt. Mal sehen.

Dienstag, Juli 03, 2007

23.06.-01.07.07 Simrishamn bis Kalmar


Um 7.30 Uhr sind alle Nachbarn pünktlich bereit zum Auslaufen, die 42er Comfortina "Mona Lisa" geht nach Rönne/Bornholm, wir nach Simrishamn und "Gri Gri" aus Bornum bei Leer "weiß noch nicht". Nach 4 Stunden Motoren kommt der Wind und wir schaukeln mit 5-6 kn ostwärts. Eine Stunde vor Simrishamn wollen wir den Perkins erneut starten und da trifft uns der Schlag: Aus dem Maschinenraum strömt betäubender Dieselgeruch und aus dem zerborstenen Glaszylinder, dem Wasserabscheider unter dem Dieselfilter rauscht der Sprit in die Bilge. Wahrscheinlich hat der Mechaniker in Kappeln den neuen Dieselfilter zu fest angedreht, so dass das Glas unter Spannung stand. Zustand an Bord! Erstmal einen 5-l-Eimer drunter zum Auffangen, dann die vorsorglich "für alle Fälle, die hoffentlich nicht eintreten" eingekauften Windeln zum Abdichten und Aufsaugen, Tape und Dichtungen für den Filter und - nachdem der Schock etwas nachgelassen hat, die rettende Idee, den Hahn unter dem Tagestank zuzudrehen. Luft, um die Lage zu sondieren und Pflaster für Kirsten's Schnittwunden an den dieselfeuchten Händen zu besorgen, die natürlich nicht halten.
Danach flickt Kirsten "Tausendsassa", im Diesel kniend, in einer Stunde das Loch unter dem Filter, wo vorher das Glas saß, mit selbst gebastelter Dichtung aus Hartgummi, Unterlegscheiben und einem abgeschnittenen Stück Gewindestange, weil keine Schraube lang genug ist, während ich mit flappender Genua, bullenstandergesichertem Groß und der Aries-Windsteueranlage kämpfe, die immer wieder auf Land zuhält, wenn ich im Chaos im Maschinenraum gebraucht werde. Großes Aufatmen, als nach dem Entlüften der Motor sofort wieder anspringt! Wow! Trotz der Aufregung klappt der Anlieger in Simrishamn perfekt und danach haben wir uns den Schnaps mehr als verdient.
Der Hafenmeister leiht uns am Sonntagmorgen eine Absaugpumpe samt Dieselkanister, nachdem er ein Motorboot vorm Absaufen im Hafen bewahrt hat, und bestellt am nächsten Morgen per Express einen neuen Wasserabscheider. Und Kirsten kniet wieder stundenlang vor der Maschinenbilge, um sie mit der - viel zu schwachen - Pumpe trockenzulegen. Gut, dass nicht die gesamten 60 l des Tagestanks, sondern "nur" etwa 10 l in der Bilge schwabbeln, das wäre mit der Pumpe wohl eine 3-Tages-Aktion. Anschließend kann man dann wieder Kirsten's Peter zitieren, der zu sagen pflegte: "Andere Frauen duften nach Chanel, meine stinkt nach Diesel"! Na, "wat'n Glück", kann ich da nur sagen, dass nicht ein anderes Exemplar Frau an Bord war. Ich widme mich derzeit unserer angesammelten Schmutzwäsche und habe Glück, der Münzautomat für Waschmaschine und Trockner ist kaputt und wir können 60 SEK von Preis für den neuen Wasserabscheider abziehen, was - zugegebenermaßen - nicht besonders zu Buche schlägt.
Die Hafentage summieren sich, auch wegen einer gale-warning nach zwei anderen. Wir liegen scheinbar ruhig "im Auge des Hurrikans", aber einlaufende Boote berichten von Wellenbergen und Wind bis 9 Bft. Alte Bekannte laufen ein: Die kanadische "Rebel X" mit Ian und Susan und Renate und Peter mit ihrer Swan "Colombine". Die Kanadier haben Probleme mit ihrer Einspritzpumpe und, nachdem sie hier auf den 15. Juli vertröstet werden, vor dem nicht mal bei Bosch getestet werden kann, was wirklich das Problem ist, vermitteln wir eine Überprüfung in Schleswig über Klaus Supa, der nett und hilfsbereit sofort zusagt, die Pumpe in der nächsten Woche mit Hilfe von Bosch hoffentlich reparieren oder ersetzen zu können. Große Erleichterung bei Ian, der mit seinem Boot dieses Jahr in Arnis überwintern will. Auch die schöne "große Schwester" von uns, die "Morgana" aus Berlin läuft ein, die wir schon in vorigen Häfen trafen mit Belgischem Schiffshund "Lucy". Ein kleiner Wadenbeißer, der mit Hundekeks bestochen wird. Alle warten jetzt auf einen besseren Wetterbericht, genau wie Clubkollege Hossi, der in Portugal auf eine stabile Wetterlage für die Azoren wartet. Bis zum 29. lockt uns nichts aus dem Hafen, kaufen noch schwedische Seekarten für die Schären, denn, falls uns keine 4 Wochen für den Götakanal mit Vänern- und Vätternsee übrig bleiben, werden wir uns ausgiebiger in den Schären aufhalten, gehen noch mal ins Internet-Café und kaufen Brot, das nicht so aussieht, aber trotzdem schwedisch süßlich schmeckt. Mit Wurst oder Fisch nicht gerade unser Ding.
Dann am 29. endlich Chance, keine Windwarnung mehr für die Südliche Ostsee. Machen uns auf nach Utklippan, ca. 50 sm nordöstlich. Bei ca. 5 Bft. aus SW und Restwellen der letzten Tage werde ich nach 2 Stunden leicht grünlich im Gesicht und flau im Magen, so: Kursänderung nach Hanö, nur ca. 35 sm nördlich und vieeel angenehmeres Segeln. Allerdings hatten die Idee einige, nur noch 1 freier Platz vor der schützenden Südmole gleich hinter der Einfahrt und Kirsten muß wie in einen Schuhkarton "einparken". Macht sie super, wenn auch die hilfsbereiten starken Schweden vom Vorschiff erwähnt werden sollen.
Der Samstag beginnt mit strömendem Regen und der Wind pfeift abschreckend durch die Masten. Wir drehen uns noch mal um und planen einen Hafentag. Doch um 10 Uhr klart es auf, Sonnenlöcher im Himmelsgrau und feiner Wind der Stärke 5 aus SSW. Super, um nach Karlskrona zu segeln, unsere erste Schärenfahrt mit der "Pirol"! Ganz schön aufregend, aber auch ganz toll. Anleger klappen immer besser, wir machen hinter dem Fehmaraner "Seelord" fest, wo an Bord die Charterbesatzung Knoten übt. Unsere ersten SSC-ler winken herüber, Bernd Wiedemann und Erika, und dann treffen wir auch noch Anneliese und Uli Retzlaff, erstere auf der Rückreise, die zweiten warten auf Crewwechsel. Wir machen einen Bummel durch die samstagnachmittäglich ausgestorbene Innenstadt und besuchen die vom Hafenmeister heiß empfohlene abendliche Jubiläumsveranstaltung des Marinemuseums. Der können wir allerdings nicht viel abgewinnen, etwa soviel wie dem Mitsommernachtsfest in Gislövsläge.
Um 8.00 Uhr morgens stehen schon Uli und Anneliese vor der "Pirol", sie haben ihre Berliner Freunde schon so früh zum Bahnhof gebracht, und werfen unsere Leinen los. Die "Seelords" sind kurz vor uns, gehen erst Richtung Süden, folgen uns dann aber auf dem Weg ostwärts durch die Schären Richtung Kalmarsund. Ihr Mast sieht uns eigentlich zu lang aus, um unter der 18-m hohen Möcklösundbrücke durchzupassen. Sind sie auch, zumindest mit Antenne, sagen sie, als sie uns mit Mann im Masttopp wiederum überholen. Die trauen sich was! Aber sie haben Glück, der Wasserstand ist niedrig, das Wasser glatt und der Mann im Topp schraubt auch noch die Antenne ab. Danach brauchen wir unsere ganze Konzentration, um ohne Grundberührung durch die - zumindest bei diesem Wetter - wunderschöne Schärenlandschaft zu fahren. Nach einigen Meilen unter Maschine im Kalmarsund stellen wir fest, die Spinnaker der anderen Segler stehen trotz wenig Wind und das tut dann auch unser 120 qm-Blister. Bei nur 6-10 Knoten Wind mit zusätzlichen 1,5 kn Strom mit laufen wir um die 5sm/h und entschließen uns, statt nach Kristianopel 25 sm weiter bis Kalmar zu laufen. Ein traumhafter Segeltag, eine freie Heckboje im Stadthafen und reichlich helfende Hände beim Anlegen. So macht das Seglerleben Spaß und so darf es weitergehen. Ob es das tut? Demnächst mehr in unserem Logbuch.