Samstag, August 18, 2007

05. - 18.08.07 Lohme auf Rügen bis Wismar


Morgens treibt ein Ruckfender mit abgerissenem Stück Leine vorbei und wird gerne von uns gerettet. 30 € lt. Katalog! Sicher bei dem mißglückten Anlegemanöver einer dicken Motoryacht vorgestern abgerissen, das aber inzwischen wieder ausgelaufen ist. Wir laufen um 10 Uhr aus nach Vitte auf Hiddensee. Der Wind ist so schwach, daß wir nur kurz unsere Genua lüften und dann den Perkins anschmeißen. Das Fahrwasser durch das Flach vor Hiddensee ist gut betonnt, aber das ist auch nötig. Links und rechts gehen
Möwen, Gänse, Kormorane, Enten und andere Wasservögel zu Fuß. Um ihnen nicht Gesellschaft zu leisten, "schrammen" wir lieber nah an den vielen Fähren vorbei, die Kloster, Vitte, Schaprode, Neuendorf und Stralsund verbinden. Vitte ist trotz ziemlich salziger Liegegelder proppevoll, wieder viele Segler, die hier Strandurlaub machen. Wir denken schon, einen der letzten Liegeplätze bekommen zu haben mit nur einem Heckpfahl zum Anbinden, aber es fallen noch Scharen nach uns ein und irgendwo kommen sie
alle unter. Wir machen einen Rundgang über Strand, durch's Dorf zum Stadthafen. Hat sich gemausert, der Ort, seit ich vor ca. 14 Jahren mal hier war. Sehr hübsch und gemütlich, weil hier als Fortbewegungs- und Transportmittel nur Pferdefuhrwerke und Fahrräder zugelassen sind. Zurück in der Marina haben wir einen Nachbarn, der sich an unserer Heckklampe mangels Pfahl festgebunden hat. Da wir früh los wollen am nächsten Morgen - Warnemünde, unser nächster Hafen ist weit - bieten wir ihm an, seine Heckleine
um 6 Uhr früh auf unseren Achterpfahl zu legen. "Ok" sagt er, aber morgens taucht er trotz zeitigen Klopfens auf sein Deck nicht auf. Also schmeißen wir kurzerhand seine Achterleine an Deck und legen ab. Da taucht ein verschlafener Kopf doch noch staunend aus dem Schiff. Tja, dumm gelaufen! Außer der "Frederic Chopin" und einem anderen Deilmann-Flußschiff bewegt sich noch nichts aus dem Vitter Hafen. Vom Dornbusch erheben sich Tausende von Kormoranen, als wenn jemand ein Tor geöffnet hätte, und fliegen
in endloser Reihe zur anderen Seite zum sogenannten "Bug". Dort scheint es einen Fischschwarm zu geben denn kurz darauf brodelt das Wasser. So früh ist noch nicht viel Wind, aber wir können den Blister setzen. Bis Darßer Ort geht es dann Blister runter, Motor an, Blister wieder hoch usw. Aber als wir da um die Ecke biegen holt der Wind Luft und legt uns fast flach auf's Wasser. Haben Mühe, den Blister noch wegzunehmen und Groß und Genua zu setzen. Bei Süd/Südost 4-5 Bft. flitzen wir dann wie verrückt
mit bis zu 8 kn am Wind. Nur Fliegen ist schöner. So können wir uns erlauben, die - weil unverschämt teuer - halbleere Marina "Hohe Düne" links liegen zu lassen, und eine Stunde weiter bis in den Rostocker Stadthafen zu fahren. Da wollten wir sowieso hin, weil in zwei Tagen die "Hanse Sail" startet mit über 250 Traditionsschiffen. Vorher können wir nun endlich mal waschen, allmählich gehen uns die T-Shirts und Unterhosen aus, obwohl wir jede ca. 50 Stück dabei haben. An Land werden Buden und Fahrgeschäfte
aufgebaut und auch die ersten Hanse-Sail-Teilnehmer laufen ein. Die nächsten Tage steppt in Rostock und Warnemünde der Bär. Wunderschöne Großsegler und Koggen, der Dampfeisbrecher "Stettin" aus Kiel, aber auch "Rostlauben" versuchen, viele Passagiere für Tagestörns zu gewinnen, um ihre kostspieligen Schiffe in Schuß halten zu können. Bis zu 1 Million Besucher werden erwartet, die dann aber wegen des ungünstigen Wetters nicht erreicht werden. Aber 750.000 Menschen sind auch eine ganze Menge. Sie schieben
und drängeln sich die Promenade entlang und wir mit. Besichtigen die Kogge "Roland von Bremen" und sehen uns in Warnemünde das Einbugsieren der "Krusenstern" an. Ein Schauspiel! Neben uns legt die russische "Odissey" mit 2 x Alexander und 1 x Igor an. Abends kommen sie auf ein Bier zu uns ins Cockpit. Mechaniker Igor spricht viel, aber am wenigsten Deutsch und kein Englisch. Verständigung geht nur mit Händen, Füßen und Zeichnungen. Als ich irgendetwas zum Thema "Müdigkeit" erklären will und ein Bett
male, merke ich an Igors Blick, daß er das etwas mißverständlich findet. Auch mein mehrfaches Durchkreuzen des Bettes bringt da nichts mehr. Aber Riesengelächter. Bis zum 12. haben wir Spaß auf der Meile, abends Oldies zum Mitsingen und -tanzen live auf der großen Bühne und die Kombüse bleibt bei den verlockenden Angeboten an Land die ganzen Tage kalt. Bevor wir mittags nach Kühlungsborn ablegen, steht ein Paar bei uns am Steg und fragt, ob die "Pirol" mal den Namen "Wendland" trug. Es waren Mittelmeer-Segler,
die mit dem Vorbesitzer und witzigerweise auch mit unseren SSC-Clubkollegen Rolf und Carla in der Türkei zusammen gesegelt hatten und das Schiff wegen des ungewöhnlichen Cockpit-Daches wiedererkannt hatten. Die Welt ist wirklich klein.
Wind für Kühlungsborn fast gleich null, aber eklige Welle. Der Hafen ist ganz gut belegt, finden aber in den für zwei Boote ausgelegten Plätzen mit Schwimmsteg-Fingern Raum neben einer Hallberg Rassy 34. Die Nachbarin staunt: "Na, Sie kennen aber Ihr Schiff!" Gerade noch Fender-Abstand zu Ihrem Schiff auf der einen und dem Schwimm-Steg auf der anderen Seite! Sollen wir dementieren? Abends ist mal wieder große Spinnenjagd angesagt und das, obgleich ich ja fast eine Phobie habe! Vergnügen haben nur
unsere Nachbarn, aber egal, alles, was sich erwischen läßt, fliegt ins Wasser. Wahrscheinlich entert die Hälfte nach kürzester Zeit wieder das Boot, denn sie kraulen zurück was das Zeug hält.
Am nächsten Morgen liegen wir quer in der Box. Unsere Nachbarn sind weg und wir hatten vergessen, eine Achterleine zu legen! Der zweite Tag in Kühlungsborn kostet zu den 17,50 € "nackten" Liegegebühren noch zusätzliche 2 € pro Person an Kurtaxe und das, obwohl wir kein kostenloses Angebot wie Baden, Kurkonzert, Vorträge etc. nutzen oder nutzen können. Lassen nur Geld bei einer Fahrt mit Dampfbahn "Molly", in Restaurants und Geschäften. Strandräuber! Beim nächsten Mal bleiben wir nur eine kurtaxen-freie
Nacht, auch wenn das wahrscheinlich bei der gut ausgebuchten Marina niemanden kratzen wird.
Da geht's doch in Wismar, unserem nächsten Hafen, moderater zu. 12 € inkl. Strom. Hier finden ab morgen die "Schweden-Tage" statt und wir finden die gleichen Schausteller und Buden wieder, die wir schon in Rostock sahen. Nehmen scheint's jedes seglerische Ereignis der Küste mit. Hier findet uns auch zum zweiten Mal die neue "Bonnie"-Crew auf dem Rückweg nach Schleswig und wir gehen mit ihnen ein hausgebrautes Bierchen trinken im 555 Jahre alten Brauhaus. Tolle Stadt mit super renovierten alten Giebeln
und Häusern sehen wir am nächsten Tag auf einer kurzweiligen Tour mit gutem Stadtführer im Stadtbus "Kuddel". Als sie am nächsten Morgen Kanonen vor unserem Schiff aufbauen, um die schwedischen Großsegler mit Salut zu begrüßen, verholen wir uns ins nächste Hafenbecken zum Wasserwanderrastplatz. Schöner kleiner Hafen, aber gegenüber bringen Schiffe Schrottladungen, die mit Getöse von den Kränen auf Eisenbahnwaggons umgeladen werden. Na, immer noch besser als Kanonendonner. Wir haben uns entschlossen,
von hier am Sonntag nach Neustadt in die Werft zu gehen, damit wir ganz in Ruhe alles für das Sandstrahlen dort vorbereiten können. Von dort also der letzte, sicher ganz kurze Bericht dieser Reise.