Sonntag, August 06, 2006

28.07.-06.08.06 Kolmar/Schweden - Allinge/Bornholm/Dänemark


Nach einem üppigen Frühstück erkunden wir Kolmar. Der Stadtteil Kvarnholmen besteht fast nur aus Fußgängerzonen und lädt zum Bummeln ein. Die riesige Kathedrale hat nicht so viel zu bieten, aber der Weg zum Schloß lohnt sich. Schon toll, was die Menschen schon vor Hunderten von Jahren an Bauwerken zustande bringen konnten. Zurück beim Schiff erwartet uns dann eine böse Überraschung: Der Hafenmeister hat für einen Kata- und einen Trimaran die "Pirol" verlegt und dabei das Stromkabel nicht abgenommen. An zwei Stellen die Ummantelung gebrochen. Bißchen Gewebeband drüber, hat er gemeint, sei die Sache wohl erledigt. Aber um es wieder wasserdicht zu kriegen hat Kirsten eine Menge Arbeit damit: Stecker abmontieren, Schrumpfschlauch überziehen etc. Sehe ich ja überhaupt nicht ein und wir gehen uns beschweren. Ergebnis: Der Hafenmeister bringt ein nigelnagelneues wasserdichtes 25m-Kabel. Na, geht doch! Abends geht noch ein Däne längsseits mit süßem Bordhund "Sofie" und freut sich, daß er am nächsten Morgen unseren Pierplatz einnehmen kann. Mein Ablegemanöver bringt meinen Adrenalinpegel dann ziemlich in Schwung. Schlage das Steuerrad voll ein, um am Kat und den dahinter liegenden Heckbojenliegern vorbeizukommen, aber die "Pirol" fährt trotzdem geradeaus auf eine große Hallberg Rassy zu. Ok, also erstmal wieder Rückwärtsgang rein, mit dem Bugstrahlruder nach links und erneut voraus. Wieder fährt die "Pirol" trotz bis zum Anschlag eingeschlagenem Ruder keine Linkskurve sondern steuert wieder stur auf die Bojenlieger zu. Langsam steht mir der Schweiß auf der Stirn und ein "P" im Gesicht, denn nun läßt sich das Steuer überhaupt nicht mehr einschlagen beim erneuten rückwärts fahren, weder nach rechts noch nach links! Erst da kommt mir in den Sinn, den Autopiloten zu kontrollieren und - siehe da, ich muß ihn beim Installieren versehentlich eingeschaltet haben. Wieder eine Erfahrung reicher. Beim nächsten Ablegen noch einen Blick auf den Autopiloten werfen. Nun aber steht unserem Weg nach Grönhögen auf Öland nichts mehr im Wege. 26°C, Gewitterluft, kaum Wind. Versuchen trotzdem den Blister, aber genau in dem Augenblick, als wir ihn hochziehen, kommt der Wind genau von vorne. Ganze Arbeit umsonst, Blister wieder einpacken. Aber das übt, wir werden immer schneller. Üben können wir dann auch in Grönhögen das rückwärts Einparken, nur wenige Boote im Hafen. Clubkollege Jürgen hatte ja keine so gute zwischenmenschliche Beziehung zu dem deutschstämmigen Hafenmeister Dieter und uns vor dessen Unfreundlichkeit gewarnt. Wir können uns nicht beklagen, hatten wohl mehr Glück. Nach einem Gang bei Sonne durch's Dorf und einem Stopp im Mühlencafé repariert Kirsten bis 2 Uhr nachts unseren ausgerissenen Blisterschlauch.Am nächsten Morgen machen wir uns auf die 30 sm bis Utklippan in der wegen häufiger Stürme berüchtigen Hanöbucht. Mein Frank hatte hier während seiner ersten Seefahrtjahre mit der Seekrankheit zu kämpfen und meine erste Fahrt auf unserem Segelboot nach Utklippan hätte mich fast das Segeln aufgeben lassen, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte. Aber das ist eine alte Geschichte, über die ich schon mal in unserer Vereinszeitung "Heulboje" geschrieben habe. Uns präsentiert sich die Hanöbucht jedoch ungewohnt ruhig. Wieder mal nur kurze Blisterfreude - dann Perkins. Mit der von Nachbarn in Grönhögen "abgekupferten" Karte wagen wir uns nicht so nah an die "Rocks" von Utklippan heran und unsere eigene Karte ist noch kleiner im Maßstab. So machen wir einen größeren Bogen zur östlichen Einfahrt als nötig und lassen einigen Schiffen den Vortritt. Der idyllische Steinhaufen ist so beliebt, daß der Hafen im Sommer immer total voll ist. Aber es ist auch total schön hier. Fahren mit dem hafeneigenen Ruderboot zur anderen Insel, auf dem Leuchtturm, Kanone und eine Jugendherberge stehen, kaufen Räucheraal und kriegen den gleichen Nachbarn wie in Kalmar. "Sofie" wedelt vor Freude mit dem Steert, sie hat das Leckerli nicht vergessen. Beim Rundgang um den Hafen werden wir immer wieder wie alte Bekannte begrüßt: "Wir kennen uns schon von Visby!" Die haben's leichter!Am nächsten Morgen legen wir gleichzeitig mit unseren Nachbarn um 7 Uhr ab, sie wollen nach Simrishamn auf dem schwedischen Festland, wir nach Svaneke auf dem dänischen Bornholm. Nach 1 Stunde ändern wir unsere Meinung und schließen uns wegen Südwind dem Ziel unserer Nachbarn an. Nach ein paar Stunden kommt der Wind spitzer, dann bringen dunkle Wolken Regen und den Wind total von vorne. Bei 55 sm wird es uns zu spät zum Kreuzen und wir motoren mit dichtgeholtem Groß weiter auf geradem Kurs nach Simrishamn. Kein Vergnügen, aber so kommen wir mit ca. 4 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit gegen 21 Uhr in Simrishamn an. Der letzte freie Platz ist an einem 46-Fuß-Segler, der wohl, weil offensichtlich brandneu - keinen Längsseitslieger haben will und keinen Fender raushängen hat. Tja, aber da muß er nun durch und mit unseren "Schmutz"-Fendern leben. Der nette Sohn von "Sofie's" Herrchen nimmt unsere Leinen an und bindet uns fest. Sie waren uns - dank besserer Segelhöhe - ein Stündchen voraus. Wenn wir unseren Nachbarn nicht gefallen, lassen sie es uns allerdings nicht spüren. Als mir meine Sandale beim Übersteigen ins Wasser fällt und wir mit dem Bootshaken Schwierigkeiten haben, sie herauszufischen, leiht uns Frau Nachbarin den Catcher ihrer Kinder. Wir tuen insgeheim Abbitte. Bei Sonnenschein und nach wie vor sommerlichen Temperaturen macht der Stadtbummel am nächsten Tag Spaß. Kirsten ersteht ein Fischmobilé, ich 3 Windlichtkugeln und den 7. Magneten für meinen Kühlschrank auf dieser Reise. Die alte eindrucksvolle Nicolai-Kirche wollen wir uns ansehen und platzen in eine Mittagsandacht - denken wir. Doch das ist ein "Lunch-Orgelkonzert" und zwei freundliche Damen winken uns herein, als wir kehrtmachen wollen. So kommen wir in den Genuß eines sehr schönen Orgelkonzerts mit buntem Programm von ABBA bis Bach in einer schmucken Kirche mit Abendmahl-Altar. Sogar kostenlosen Kaffee und Kuchen dürfen wir im Vorraum nicht abschlagen. Die gleichen freundlichen Damen lassen uns nicht vorbei. Zwei Tage brauchen wir noch, um uns endlich nach Bornholm in Bewegung zu setzen. Starkwindwarnungen halten uns vom Auslaufen ab und das gibt Zeit, um endlich das Boot mal wieder gründlich zu schrubben. Eine Invasion von Schlupfwespen und Marienkäfern hat zahllose Tierleichen hinterlassen und auch unsere und unserer Nachbarn Fußspuren müssen endlich beseitigt werden. Zum anderen gastiert im Hafen der "Cirkus Olympia" und wir haben unglaublichen Spaß mit dressierten Hunden, sibirischen Kamelen (nie gewußt, daß es sowas gibt!), Ziegen, Pferden, Artisten, Zauberer und Clown. Supervorstellung! Anschließend gibt's dann noch einen "Jahrgangswhiskey" auf der inzwischen eingelaufenen "Kim", unsere Clubkollegen Karl und Helga kredenzen einen VAT 69.Wir freuen uns am nächsten Tag, daß wir abgewartet haben. Wunderbares Segelwetter nach Bornholm. Erstaunlicherweise bekommen wir problemlos einen Platz im inneren Hafenbecken in Allinge, wo man in der Hauptsaison auch schon mal trockenen Fußes von einer Seite zur anderen wandern kann. Ein Hafen mit Atmosphäre. Livemusik im Hafen. Leckere "Bornholmer" = das was wir "Bückel"/Bückling nennen - nur besonders lecker in der nahen Räucherei. Abends kommen von Utklippan bekannte Segler, die wir schon in Lettland trafen, Ina und Herbert auf der "Hanö" aus Laboe. Ihnen war der Wind nicht gnädig, sie mußten 10 Stunden motoren. Am nächsten Morgen sind die "Erbseninseln" angesagt. Wir fahren mit der 21 Knoten schnellen "Bornholm Express" nach Christiansö. Ein wunderschöner Tag auf der Festungsinsel aus Granit, die vor ca. 350 Jahren auf Anweisung des dänischen Königs gegen die Schweden gegründet wurde. Heute leben noch 100 Einwohner dort und täglich fallen im Sommer Hunderte von Touristen ein. Wir klettern für einen Rundumblick auf den "St.Tarn", einen der beiden Wachtürme, klettern über die Felsen zu den Kanonen, kaufen die Inselspezialität "Ruth's Krydderfisch" und erholen uns von den Strapazen in der Sommerhitze bei einem großen Eis im Insel-Krug. Abends ist die "Hanö" nach Rönne weitergefahren und wir haben einen neuen Nachbarn, eine Faurby 393 Namens "Matandi" aus Osnabrück. Der Wetterbericht für morgen und weitere Tage: NO 6-7. Na, Mahlzeit. Wir verstärken schon mal die Leinen.Morgens um 6 kommt Leben in den Hafen. Es pfeift durch die Masten und überall werden Leinen rausgekramt, Ruckfender angebracht, Fender aufgepumpt. Die See vor der Einfahrt wird höher, weiße Schaumkronen bis zum Horizont und die ersten Brecher gehen über die Mole. Zum ersten Mal erlebe ich - und Kirsten, da zum ersten Mal hier sowieso - daß ein Hafentor geschlossen wird. Offensichtlich länger nicht bewegt und etwas eingerostet, eine Kette bricht und es dauert seine Zeit, aber dann ist es dicht und keine "Maus" kann mehr rein oder raus. Der schwarze Ball wird hochgezogen und drei rote Lichter warnen etwaige Wagehalsige, in den Hafen einzulaufen. Das Schauspiel, wie die Wassermassen über die vorgelagerten Klippen sich auftürmen und dann donnernd über die Mole hereinbrechen, um sich dann wie ein Wasserfall wieder ins Hafenbecken zu ergießen, lockt Touristen der ganzen Insel an. Wir verschieben unseren Rönne-Ausflug, denn trotz geschlosener Tore gehen die Boote im Hafenbecken ganz schön zur Kehr. Auch am Sonntag stehen Wind und Wellen durch. Wie gut, wir haben keinen Zeitdruck und können es gelassen nehmen und sogar genießen. Ein wenig läßt der Wind am Abend nach und es gibt noch einmal etwas Aufregung, als am Abend eine schwedische Yacht trotz Einlaufverbot in den Hafen einläuft. Haben sie bestimmt trotz schneller Reise von Simrishamn zwischendurch bedauert bei bis zu 3 m hohen Wellen und der Surfwelle hier in den Hafen. Zudem liegen sie jetzt im Vorhafen auch nicht recht glücklich. Morgen Nachmittag glaubt unser Hafenmeister, die Tore wieder öffnen zu können. Also warten wir's ab.