Freitag, Juli 28, 2006

20.-27.07.06 Pavilosta/Lettland - Borgholm/Öland/Schweden


Verabschieden uns von Pavilosta um 14.30 Uhr zum 2. Mal. Erstmal wieder motoren, aber dann brist es auf. Mein entzuendeter Zahn bzw. Kiefer schmerzt und pocht und ich versuche es mit Pille und Schlaf zu ueberstehen. Um 1 Uhr nachts ist Wachwechsel. Der Wind wird mehr, die Wellen höher und querer und ich seekrank. Auch das noch. Dann brauchen wir noch 2 Stunden, um die Einfahrt in den Farösund zu finden. Mit den Wellen auf und nieder! Ne, ne. Niemand ist froher als ich, als wir schliesslich im Fischereihafen fest sind. Der Hafenmeister ist leider wenig hilfreich bei der Suche nach einem Dentisten, nur 100 Kronen Hafengeld kann er uns verständlich machen. Da er keine Euros nimmt und wir keine Kronen haben, muss er wiederkommen. Die Schweden von der "Point Loma" aus Djursholm neben uns wissen, es gibt eine Touristen-Information im Ort, nur finden wir die leider nicht und landen in einer Fahrrad-Reparaturwerkstatt. Der Mechaniker strahlt: "Dentist? Na, das kann ich doch machen" und zeigt auf seine gut ausgeruestete Werkstatt. Ne, dafuer mache ich meinen Mund nicht auf! Hilfsbereit ruft er eine Nummer in Visby an und ich bekomme mit Betteln sogar heute noch einen Termin in einer halben Stunde. Bis Visby sind es 6 schwedische Meilen sagt der Fahrradhändler, also sage ich zu und frage, ob er uns denn ein Taxi rufen kann. Kirsten tauscht schon mal Geld in der Bank. Taxi hat Sommerpause, aber in der Marina können wir ein Auto mieten. Na gut, wäre wahrscheinlich alles mit dem Bordfahrrad schneller gegangen. Marina hat keine Autos, ruft aber ein Taxi von irgendwo an, das sofort kommen will. Nach einer Stunde noch kein Taxi. Mein Termin zudem längst verstrichen. Der Marina-Mensch macht ein langes Gesicht, dass wir nicht mehr auf das Taxi warten wollen, das extra von der anderen Sundseite mit der Fähre kommt und in zwei Minuten da ist. Doch auch auf der nächsten ankommenden Fähre ist es nicht und nach weiteren 10 Minuten verabschieden wir uns endgueltig und versuchen, eine Telefonkarte zu kaufen, um einen neuen Zahnarzt-Termin zu machen. Vielleicht hat die Tankstelle 300 m weiter Karten, sagt der Kioskbetreiber. Kaputt wie wir sind, wandern wir bergauf zur StatOil. Keine Karten, aber ich darf das Telefon des Tankwarts benutzen. In der Praxis läuft inzwischen ein Band - auf Schwedisch! Total frustriert schleppen wir uns zum Schiff zurueck und klagen unser Leid dem netten Schweden von der "Point Loma". Kein Problem fuer ihn, er ruft mit seinem Handy bei der Praxis in Visby an, cancelt den heutigen Termin und macht fuer morgen einen um 10.30 Uhr - bei einem deutschen Zahnarzt sogar, der hier arbeitet. Aber mit dem Fahrrad können wir nicht hinfahren, ist zu weit, sagt er, da geht sicher ein Bus und der fährt schon 1 1/2 Std. "Wie, fuer 6 Meilen?" Er amuesiert sich: "6 schwedische Meilen sind 60 Kilometer!" Na, nun wissen wir, warum das Taxi sogar von der anderen Sundseite kommen wollte. Da hätte wohl das getauschte Geld nicht mal gereicht. Total erschöpft fallen wir erstmal in unsere Koje und am nächsten Morgen sieht die Welt dann auch schon wieder anders aus.Der Bus fährt schon um 6.50 Uhr, aber wir sind auf der "Atair" bei Gerri und Wolfgang in Visby zum Fruehstueck eingeladen. Von dort machen wir uns auf den Weg zur angegebenen Adresse. Noch mal mit Hindernissen, viel Fragen und dadurch eine Viertelstunde zu spät, doch Reinhard Seifert nimmt sich meiner Schmerzen trotzdem an und endlich nach der Behandlung und 3 Schmerztabletten lebe ich wieder auf. Wir machen einen Rundgang durch Visby, gucken nochmal bei der "Atair" vorbei und nehmen den letzten Bus zurueck nach Farösund. Extra spät, um nicht noch durch die "Schwarze Gang" "ueberholt" zu werden, die vor etlichen Jahren mal Frank's und meine "Svenskan" - wenn auch gluecklicherweise erfolglos - durchsuchten nach Zigaretten und Alkohol. Zigaretten sind ja nicht auf der "Pirol", aber Alkohol ...! Wir entkommen sowohl der "Schwarzen Gang" als auch dem Hafenmeister. Die Schweden nebenan haben auch nichts bezahlt und meinen, das sei das Problem des Hafenmeisters. Sein Buero im Hafen war immer verschlossen. Eigentlich muesste man hier auch noch Geld dazubekommen. Kein Strom, kein Wasser und Tausende von Muecken haben an Deck schwarzgruene Flecken hinterlassen, fuer deren Entfernung wir 1 Stunde schweisstreibendes Schrubben unterwegs einlegen. Selbst fuer unseren Blister haben wir zuwenig Wind leider, also mal wieder den Perkins einsetzen. Ein Schwede fährt mit seiner Dehler in unserem Kielwasser und setzt so nah zum Ueberholen an, dass wir spasseshalber unsere Fender raushängen. Jede Abwechselung ist willkommen, der kommt wirklich fast längsseits und wir halten einen kleinen Plausch auf See. In Visby revanchieren wir uns bei Gerri und Wolfgang fuer die Fruehstueckseinladung mit Kartoffelsalat und Wuerstchen und haben einen netten Abend mit ihnen. Wir bewundern die beiden sehr, wie toll sie Gerri's schwere Krankheit zusammen meistern, die ja wegen ihres Lungenemphysems 24 Stunden am Tag Sauerstoff braucht, und dabei doch so optimistisch und fröhlich sind. Vor uns legt noch eine 7-Frauen-Crew an mit der "Bruden" aus Hamburg. Frauen-Charter mit Skipperin. Sie wollen auch weiter nach Öland. "Atair"'s wollen uns gern mit auf eine kleine Schäreninsel "Haskö" mitlotsen, aber wir wollen vorankommen. "Mein" Zahnarzt kommt uns an Bord besuchen und es gefällt ihm so gut, dass er darueber nachdenkt, von seinem Apartment auf ein Boot als Wohnsitz zu wechseln. Wäre ja wohl hier kein Problem. Er ist nach 4 Jahren in Norwegen auf Gotland "umgestiegen", weil es ihm im Norden einfach zu kalt und ungemuetlich war. Wir machen noch einen Rundgang durch Visby bei 30 Grad im Schatten. Wirklich eine sehenswerte Hansestadt mit ihrer alten Stadtmauer, den interessanten Kirchen und huebschen Häusern mit den Stockrosen. Am 25. muessen wir frueh raus, weil unser Liegeplatz von einer grossen Fähre gebraucht wird. Wollten sowieso weiter und können endlich mal wieder segeln. 8 von insgesamt 11 Stunden, wow! Byxelkrok auf Öland ist knueppeldicke voll, aber wir duerfen an der Dieselstation festmachen. Sehr praktisch, wir wollten ohnehin tanken. Trotz der einladenden Restaurants bleiben wir bei unserer Bordverpflegung. Fuer 2 Fanta bezahlten wir gerade ca. umgerechnet 8 ?. Das geht uns quer runter! Kriegen 2 weitere Boote längsseits und unsere Fender an der Pier werden duenner! Trotz Kiesstrand ist dieser Hafen offenbar unglaublich beliebt bei den Schweden. Wir legen am nächsten Tag ab nach Borgholm, auf dem der schwedische König sein Sommerschloss "Solitueden" hat. 1/2 Stunde kämpfen wir mit dem "Blister", dann steht er fuer 5 1/2 Stunden und wir gleiten mit bis zu 6,5 kn Borgholm entgegen. Nur Fliegen ist schöner. Das Schloss besuchen wir nicht, Kirsten muss nicht hin und ich war schon da, aber wir bummeln ausgiebig durch die Innenstadt mit ihren vielen Geschäften und Cafés. Lange nicht so viele Grossfamilien gesehen, stellen wir fest, als wir bei Waffel und Kaffee die vorbeiströmenden Touristen studieren. Die Schweden scheinen nicht vom Aussterben bedroht zu sein. Irgendwie haben wir eine Glueckssträhne, auch hier taucht kein Hafenmeister zum Kassieren auf. Wahrscheinlich weil wir abgelegen auf der anderen Seite des Hafens liegen. Gibt auch keinen Strom und kein Wasser. Wir legen ab nach Kalmar, nur ca. 20 sm entfernt. Da ist es nicht ganz so tragisch, dass mal wieder kein Windhauch das Wasser kräuselt.